Sondernutzungsrecht
Begründung durch Mehrheitsbeschluss ist nicht möglich
Beim Wohnungseigentum gibt es nur zwei Eigentumsformen: Das Gemeinschaftseigentum und das Sondereigentum. Da Sondereigentum jedoch nur an abgeschlossenen Räumen oder an abgegrenzten Garagenstellplätzen begründet werden soll (§ 3 Absatz 2 WEG) und das Grundstück sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen, zwingend gemeinschaftliches Eigentum sind (§ 1 Absatz 5 WEG), besteht häufig das Bedürfnis, einem Wohnungseigentümer die Befugnis zur alleinigen Nutzung eines bestimmten Teils des Gemeinschaftseigentums einzuräumen. Dies kann durch die Begründung eines Sondernutzungsrechtes erreicht werden, durch welches die übrigen Wohnungseigentümer vom Mitgebrauch der entsprechenden Fläche des Gemeinschaftseigentums ausgeschlossen werden.
Begründung
In der Regel werden Sondernutzungsrechte bereits bei der Teilung des Grundstückes durch den Eigentümer in der Teilungserklärung oder in der Teilungsvereinbarung mehrerer Miteigentümer begründet. Der bzw. die teilenden Eigentümer können sich in der Teilungserklärung bzw. Teilungsvereinbarung auch das Recht zur nachträglichen Begründung von Sondernutzungsrechten vorbehalten. Ohne einen entsprechenden Vorbehalt kann ein Sondernutzungsrecht nachträglich nur durch eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer begründet werden. Damit eine solche Vereinbarung auch gegenüber Rechtsnachfolgern wirksam ist, bedarf diese der notariellen Beglaubigung und der Eintragung ins Grundbuch. Ein Mehrheitsbeschluss über die Begründung eines Sondernutzungsrechts ist nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 20.09.2000 (Az.: V ZB 58/99) mangels Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer grundsätzlich nichtig.
Sondernutzungsrechte werden typischerweise an Gartenflächen oder Terrassen, an KFZ-Stellplätzen oder an im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Räumen, wie zum Beispiel Dachböden oder Kellerräumen begründet. Nach dem im Sachenrecht geltenden Bestimmtheitsgrundsatz muss die Fläche, an der das Sondernutzungsrecht bestehen soll, eindeutig bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Dieser Anforderung kann entweder durch Beschreibung der Fläche in der Teilungserklärung bzw. in der Eintragungsbewilligung oder durch Bezugnahme auf einen Lageplan Rechnung getragen werden. Andernfalls ist das Sondernutzungsrecht nicht wirksam entstanden.
Ausübung
Auch wenn dem Sondernutzungsberechtigten das alleinige Nutzungsrecht an den ihm zugewiesenen Flächen oder Räumen zusteht, bleiben diese jedoch gemeinschaftliches Eigentum, mit der Folge, dass der Sondernutzungsberechtigte bei der Ausübung seines Rechts gewissen Beschränkungen unterworfen ist. Diese können sich zum einen aus der Sondernutzungsrechtsvereinbarung selbst oder aus der Zweckbestimmung für den entsprechenden Gemeinschaftseigentumsteil ergeben. So darf zum Beispiel ein in der Teilungserklärung als Hobbyraum bezeichneter Raum nicht zu Wohnzwecken genutzt werden. Da es sich beim Sondernutzungsrecht lediglich um ein Gebrauchsrecht handelt, berechtigt es auch nicht zur Vornahme baulicher Veränderungen. Grundsätzlich unzulässig ist daher zum Beispiel die Errichtung eines Gartenhauses auf der zur Gartennutzung zugewiesenen Sondernutzungsfläche oder dessen Einfriedung mit einem Zaun. Ein Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche umfasst zwar die Befugnis, diese gärtnerisch zu gestalten. Das Anpflanzen und Entfernen von Bäumen, Sträuchern und Hecken ist jedoch nur insoweit zulässig, als hierdurch das Gesamtbild der Wohnanlage nicht nachteilig verändert wird. Letztendlich unterliegt das Sondernutzungsrecht auch immanenten Schranken, die sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander ergeben. Kann zum Beispiel ein zur Wohnanlage gehörender Kinderspielplatz nur über eine Sondernutzungsfläche erreicht werden, ist der Sondernutzungsberechtigte verpflichtet, den Durchgang zum Spielplatz über seine Sondernutzungsfläche zu gewähren. Überschreitet der sondernutzungsberechtigte Wohnungseigentümer sein Gebrauchsrecht oder verändert er das Gemeinschaftseigentum in unzulässiger Weise, hat jeder Wohnungseigentümer einen einklagbaren Unterlassungs- bzw. Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB.
Der Sondernutzungsberechtigte kann die Ausübung seines Rechtes einem Dritten (zum Beispiel seinem Mieter) ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer überlassen. Übertragen werden kann das Sondernutzungsrecht jedoch nur an einen anderen Wohnungseigentümer, da das Sondernutzungsrecht untrennbar mit dem Wohnungseigentum verbunden ist und nur zusammen mit diesem bestehen kann. Mit der Veräußerung einer Wohnung geht automatisch auch ein zu dieser gehörendes Sondernutzungsrecht auf den Erwerber über.
Instandhaltung und Kostentragung
Da die dem Sondernutzungsberechtigten zugewiesenen Flächen oder Räume weiterhin gemeinschaftliches Eigentum sind, ändert sich grundsätzlich nichts an der Instandhaltungs- und Kostentragungspflicht der Eigentümergemeinschaft. Mit der Begründung des Sondernutzungsrechtes kann aber vereinbart werden, dass der Sondernutzungsberechtigte für die Instandhaltung der ihm zugewiesenen Flächen oder Räume alleine verantwortlich ist und er auch die Kosten zu tragen hat, die auf sein Sondernutzungsrecht entfallen und für dieses gesondert ermittelt werden können. Nachträglich ist eine Änderung der Instandhaltungs- und Kostentragungspflicht nur durch eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer, nicht aber durch einen Mehrheitsbeschluss möglich.
Aufhebung
Ein bestehendes Sondernutzungsrecht kann nur durch eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer aufgehoben oder geändert werden. Ein Mehrheitsbeschluss über die Aufhebung, Änderung oder Entziehung eines Sondernutzungsrechts ist mangels Beschlusskompetenz grundsätzlich nichtig. Auch ein einseitiger Verzicht des Sondernutzungsberechtigten führt nicht zur Aufhebung seines Rechts. Zur Löschung des Sondernutzungsrechts aus dem Grundbuch genügt jedoch die Bewilligung des bisher berechtigten Wohnungseigentümers.
Rainer Schmitt
Jurist beim Eigenheimerverband Bayern e.V.