Altbaumodernisierung – Innenräume richtig dämmen

Oberflächentemperatur der InnenwändeFoto: Schwabenhaus Damit Sie sich in Ihren „vier Wänden“ auch im Winter so richtig wohlfühlen, kommt es auf eine behagliche Ober­flä­chen­tem­pe­ra­tur der Innenwände an. Durch eine Innendämmung kann ein Gebäude recht schnell angenehm warm werden.
Fenster wie Schießscharten und burgartige Mauern sind oft untrügliche Erkennungszeichen von energetisch sanierten Häusern, die eine Außendämmung aufgeklebt bekamen. Außen liegende Dämmung hat zweifelsfrei einige bautechnische Vorzüge. Problematisch daran ist aber, dass es häufig zu einer radikalen Veränderung der Fassade und damit der Gebäudeoptik kommt.
Wer das vermeiden will oder gar ein denkmalgeschütztes Haus oder ein Gebäude mit besonderer Fassade hat, dessen Optik keinesfalls verändert werden soll, muss innen dämmen. Dabei bleibt die Identität der Gebäude erhalten, und sogar die Dämmung nur einzelner Räume ist möglich.

 

Innendämmung oft effektiver

Gut 40 % der Gebäudesubstanz können grundsätzlich nur von der Innenseite gedämmt werden. Neben denkmalpflegerischen Aspekten verhindert oft die enge innerstädtische Bebauung die Anbringung einer dicken Isolierschicht auf der Außenfassade ohne Verletzung der Baugrenzen zum Nachbarhaus. „Aber auch aus physikalischen Gründen kann es sehr sinnvoll sein, auf der Innenseite zu dämmen“, meint der Bauphysiker Dr. Anatol Worch von der Materialprüfanstalt der Universität Braunschweig (MPA).

Damit sich der Mensch wohlfühlt in seiner Umgebung, ist neben der Lufttemperatur auch die Umfassungstemperatur (Oberflächentemperatur) wichtig, erklärt Worch. „Durch Innendämmung kann ein Gebäude recht schnell behaglich warm werden. Und die Umfassungstemperatur steigt bei einer Innendämmung schneller an als bei einem massiven Baustoff, weil die Wärme im Raum verbleibt und nicht ins Mauerwerk übergeht.“ Deshalb sei aus physikalischer Sicht besonders für Wochenendhäuser, Ferienwohnungen oder nicht ständig benutzte Räumlichkeiten eine Innendämmung die sinnvollere Variante.

 

Raumverlust verschmerzbar

Den Raumverlust sieht Worch dabei eher als gering an. Da die Innendämmung höhere Umgebungstemperaturen erzielt, steigt auch der Nutzwert der Immobilie, meint der Bauphysiker. „Wer früher beispielsweise nicht gern an der Außenwand saß, weil immer ein kalter Luftzug zu spüren war, kann den Raum nun besser nutzen.“

Auch die Möglichkeit der Dämmung von Teilflächen, einzelnen Räumen oder Eigentumswohnungen, wenn sich die Eigentümer nicht auf eine gemeinschaftliche Außendämmung einigen können, ist ein Vorteil von Innendämmung. Zudem kann sie ohne lange Vorlaufzeiten, ohne Einrüstung der Fassade und unabhängig von der Jahreszeit ausgeführt werden. Jedoch tragen, im Gegensatz zur Außendämmung, die innen gedämmten Wände nicht zum Schutz vor Wärmeeinstrahlung im Sommer bei.

 

Nicht ohne einen Fachmann

Eine hochwertige energetische Sanierung auf der Innenseite sollte nur der ausgebildete Fachplaner oder Fachbetrieb ausführen. Dennoch gibt es auch hier eine Ausnahme: Die Neufassung der DIN 4108 erlaubt, eine dünn­schich­ti­ge, beispielsweise 2 cm dicke Innendämmung selbst anzubringen, ohne jeglichen fachlichen Nachweis. Alles, was darüber hinausgeht, darf nach Worchs Meinung nicht ohne fachlichen Beistand durchgeführt werden. Bereits kleine Mängel können auch hier große bautechnische Folgen haben.

Holzfaser-Innenwand-Dämmsystem UdiIN®Foto: Unger-Diffutherm Beim Holzfaser-Innenwand-Dämmsystem UdiIN® wird zuerst ein Lehmunterputz aufgetragen, auf den dann die Innendämmplatten aus Nadelholz mit Hilfe von Spezialdübeln befestigt werden.

 

Tauwasser und Schlagregen

Innenliegende Dämmung wird noch immer mit der Tauwasser-Problematik in Verbindung gebracht. Tauwasser und daraus resultierender Schimmel sind jedoch nicht mehr das ganz große Problem der Innendämmung, meint der Bauphysiker. Moderne Innendämmsysteme können das Schimmelrisiko durch Tauwasser auf ein unproblematisches Minimum reduzieren.

Dennoch ist Vorsicht angebracht. Bei jeder Innendämmung muss zuerst der Zustand der Außenfassade genau geprüft werden, denn Feuchtigkeit durch Schlagregen kann zum Problem werden.
Trifft Schlagregen auf die Fassade, dringt er in die Wandkonstruktion ein. Wenn die Mauerfugen zudem schlecht sind oder der Putz bröckelt, dringt er sogar sehr tief ein. Durch die Innendämmung wird aber die Mauer – oder fachlich korrekt das Bauteil – kälter und trocknet demzufolge langsamer ab.

„Wenn ich eine innenseitige energetische Sanierung vornehmen will, muss ich zu allererst auf die Außenseite schauen“, sagt Bauphysiker Worch. Besonders bei einschaligem Mauer- oder Fachwerk und unverputzten Außenwänden sollte man kritisch auf den Zustand der Fassade achten.

„Diese Kontrolle kann dazu führen, dass erst einmal die Außenseite saniert werden muss, eventuell durch eine Beschichtung oder Hydrophobierung“, meint Worch. Unter Letzterem versteht man die wasserabweisende Ausrüstung eines Baustoffes, bei Fassaden also deren Imprägnierung, um sie wasserabweisend zu machen. In den letzten 20 Jahren wurden dafür häufig Silane und Siloxane verwendet. Zweischalige Konstruktionen hingegen, so Worch, böten einen ausreichenden Schlagregenschutz.

 

Unterschiedliche Wirkweisen

Multipor-MineraldämmplattenFoto: Xella Multipor-Mineraldämmplatten eignen sich zur Innenraumdämmung von Altbauten mit schönen Fassaden. Die Materialvielfalt der Innendämmung ist groß und unterscheidet sich vornehmlich durch drei Systeme: die Tauwasser verhindernden, die Tauwasser be­gren­zen­den und die Tauwasser tolerierenden Dämm­ver­fah­ren.

Die diffusionsdichten, Tauwasser ver­hin­dern­den In­nen­dämm­sys­te­me, wie beispielsweise die Schaumglasplatten oder die dünnen, aber recht teuren Vakuum­isolationspaneele, lassen keinen Wasserdampf in die kalten Wandbereiche eindringen und ver­hin­dern somit Tauwasser. Damit lassen sich gut kleine Räume oder unter Denkmalschutz stehende Häuser dämmen.

Zu den Tauwasser begrenzenden Systemen zählen alte Bekannte wie EPS – auch als Styropor bekannt – oder die Mineralfaser. Grundsätzlich wird eine Dampfbremse mit eingebaut, die sogenannte Klimamembran, die die Tauwassermenge begrenzt. Diese beiden Innendämmsysteme sollen Tauwasser vermeiden.

In der Gruppe der Tauwasser tolerierenden oder ausgleichenden Innendämmsysteme werden die sogenannten diffusionsoffenen Systeme zusammengefasst. Sie funktionieren praktisch unabhängig von der Außenschale. „Bei diesen Innendämmsystemen werden die Regeln der klassischen Bauphysik auf den Kopf gestellt“, sagt Worch. „Sie managen das Tauwasser, sie können es also aufnehmen, speichern und wieder verteilen.“

Dazu zählen z.B. die klassischen Kalziumsilikatplatten oder auch Naturdämmstoffe bis hin zur Holzweichfaserplatte, die eine unglaublich hohe Speicherfähigkeit an Wassermolekülen hat und – mit Lehm geputzt – viel Feuchte speichern kann. Lehm hat ebenso wie unbehandeltes Holz eine enorme Wasserdampfaufnahme- und -abgabekapazität.

 

Tauwasser tolerierende Systeme

Hightech-Innendämm-Systeme sind feuchtigkeitstolerierend. Sie managen das Tauwasser. Diese Systeme gibt es z.B. als 8 cm starke Polyurethan-Hartschaumplatte von Remmers, die IQ 80, mit kleinen Kanälen, die das Tauwasserrisiko ausschalten sollen. Der Klebemörtel ist dabei gleichzeitig die Ebene, wo sich Tauwasser bilden darf.

Es soll durch kleine Kanäle zum Putz transportiert werden. Dieser Putz, die letzte Schicht in diesem System vor der Wandfarbe, ist gleichzeitig die Feuchtigkeitsverteilungsschicht. „Die bestehende Konstruktion wird so gegen auftretendes Tauwasser geschützt“, erklärt Bauphysiker Worch. Auch aus dem bekannten Porenbeton wird von Ytong-Silka mit Multipor ein sogenanntes diffusionsoffenes, kapillaraktives System angeboten.

 

Immer im System bleiben

Wichtig ist jedoch immer, dass die einzelnen Systemkomponenten zueinander passen – vom richtigen Klebemörtel bis hin zum Putz und der Wandfarbe. „Unabhängig, welches Innendämmungssystem verwendet wird“, sagt der Bauphysiker, „wichtig ist, dass man auf jeden Fall im System bleibt, da Kleber, Dämmmaterial und Oberflächenbeschichtung genau aufeinander abgestimmt sind. Nur so kann das Schutzprinzip wirklich dauerhaft erhalten bleiben.“ Ein „abgestimmtes System“ ist demnach also keine Mar­ke­ting­stra­te­gie des Herstellers, wie man annehmen könnte, sondern funktionsrelevant.

Innendämmung kann Gebäude nicht nur effektiv und ökonomisch, sondern auch so stabil dämmen, dass die Wand später auch Lasten tragen kann. Die meisten System-Hersteller bieten hierfür Produkte an, mit deren Hilfe später auch schwere Küchenschränke wieder aufgehängt werden können und an der Wand bleiben.

 

System nach Objekt wählen

„Es gibt leider kein Innendämmsystem für alle Anwendungsfälle“, bedauert Worch, „vielmehr muss im Einzelfall und nach Gebäudestruktur entschieden werden. Nur so kann das optimale Innendämmsystem ausgewählt werden.“

Dennoch ist Innendämmung, um das Modewort Nachhaltigkeit aufzugreifen, „nachhaltig“ und ökologisch, weil viele Bestandsgebäude ansonsten gar nicht gedämmt werden könnten. Und bevor die sogenannte Her­stel­lungs­ener­gie, die den Gebäuden innewohnt, vernichtet wird, um ein besseres, neues Gebäude zu errichten, ist es vielleicht nachhaltiger, über Innendämmung nachzudenken.

 

Innendämmung Light …

Wer nicht so umfassend bauen oder sanieren will oder kann, aber dennoch mehr Wärme im Raum halten will, der kann die Innen­oberflächen so beschichten, dass sie die Wärme reflektieren. Derart beschichtete Materialien werden zukünftig eine immer bedeutendere Rolle spielen – bei Alt- und Neubauten. Davon sind die Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts und des Bayerischen Zentrums für angewandte Energieforschung (ZAE) überzeugt.

Die dünnste Innendämmung ist die sogenannte Energiespartapete. Sie ist 1–4 mm dick, atmungsaktiv und feuchtigkeitsregulierend, strahlt die Wärmeenergie zurück und heizt so die Räume schneller auf. Aber auch hier gilt: Sie funktioniert dauerhaft nur mit einem Spezialkleber.

 

… und die Low-e-Beschichtung

Oberflächen, die mit der neu entwickelten Low-e-Beschichtung oder Low-e-Membrane ausgestattet sind, reflektieren über 90 % der auftreffenden Wärmestrahlung. Der Begriff Low-e steht übrigens für Emissionsminderung. Low-e beschichtete Oberflächen geben die Wärme des Raumes zurück in den Raum. Dadurch kann eine bessere Wärmedämmung der Wand erreicht werden – mit einer Schichtstärke, die dünner ist als ein menschliches Haar.

Ein bekanntes Low-e-Material ist die pure Aluminium-Folie. Sie reflektiert 97 % der thermischen Strahlungsenergie oder – vereinfacht gesagt – der Wärme. Aluminium als Tapete sieht aber im Wohnraum nicht gerade spannend aus. Dennoch wird das Material genutzt.
Alle Low-e-Beschichtungen nutzen feinste Aluminium-Anteile, die nur durch das Rasterelektronenmikroskop sichtbar werden. Die Vergrößerung zeigt dann die Aluplättchen, die wie Schiefertafeln geschichtet sind. Darauf befinden sich kleinste Pigmentkörnchen, die der Beschichtung ihre jeweilige Farbe geben.

Low-e-Beschichtungen für den Wohnbereich finden sich heute vorzugsweise auf Materialien wie Rollos, Tapeten oder Lamellen. Dabei wirkt Low-e wie ein Spiegel. Im Sommer wird die eindringende Wärmestrahlung von außen direkt am Rollo oder an der Lamelle reflektiert, und der Raum bleibt kühler. In der kalten Jahreszeit wird die Wärmestrahlung des Innenraums reflektiert und so der Wärmeverlust nach außen gesenkt. So wird Energie gespart – im Sommer wie auch im Winter.

Zudem können die beschichteten Lamellen wie konventionelle Rollos zum Verdunkeln des Raumes verwendet werden, z.B. im Wohn- oder Schlafbereich. Transparente Low-e-Beschichtungen werden bereits seit Längerem in modernern Verglasungen eingesetzt. Dadurch werden die hohen Dämmwerte der Fenster erst ermöglicht. Durch den Einsatz solcher Low-e-Folien und -Gewebe soll bei der Sanierung eine deutliche Energieeinsparung für Gebäude erreicht werden.

Dennoch gibt Dr. Jochen Manara vom ZAE zu bedenken, dass man „auf einen gewissen Mindestdämmstandard der Wand achten muss, da die Wand­ei­gen­schaft durch die Low-e-Tapete verändert wird. Die Wand­ober­flä­chen­tem­pe­ra­tur wird reduziert, was unter Umständen zu einer Tauwasserbildung oder Kondensatbildung führen kann.“

Low-e bietet also neue Möglichkeiten für Altbau-Sanierungen sowie für Neubauten, die Wärme im Raum zu halten, ohne aufwändig zu dämmen. Und die Firma Remmers bietet schon jetzt mit IQ Therm IR eine wär­me­re­flek­tie­ren­de Wandfarbe an, die die Raumtemperatur anhebt.

IQ-Therm von der Firma RemmersGrafik: Remmers Baustofftechnik, Löningen IQ-Therm von der Firma Remmers ist ein Dämmsystem, dessen Komp­onen­ten perfekt aufeinander abgestimmt sind. Auf den trockenen und staubfreien Untergrund (1) wird eine Fixierschicht (2) aufgebracht. Die von hinten mit einer Kleberschicht versehenen iQ-Therm-Platten (3 und 4) werden ange­drückt und mit einer Armierungsschicht (5) versehen, die nach dem Ab­trock­nen noch mit einer Feinspachtelmasse (6) geglättet werden kann. Dann muss nur noch gestrichen werden (7).

 

PVC-freie neue Materialien

Eine neue, dünne PVC-freie Low-e-Folie wird in den nächsten Monaten unter Duraskin® B1002 auf den Markt gebracht, die hauptsächlich für Innenanwendungen gedacht ist. Sie wiegt nur 250 g/m2. Für dieses Produkt hat die Firma eigentlich das einfache, kostengünstige Nachrüsten von geschlossenen Sportanlagen im Visier. Aber die dünne Folie lässt sich nach Aussagen des Herstellers durchaus auch wie eine schwere Tapete mit geeignetem Kleber an der Wand oder an der Decke anbringen. Die silberne/alufarbene Oberfläche strahlt die Wärme zurück und sieht zudem noch sehr modisch aus.

Werner Ahlschwedt

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