Wohlfühlräume aus Glas und Licht
Wohnraumerweiterung durch Glasanbauten
Träume aus Glas und Licht sind nicht erst mit dem Beginn des heute üblichen Wintergartenbaus seit Anfang der 1980er Jahre in den Fokus von Haus- und Wohnungsbesitzern gerückt, sondern schwebten vielen Menschen, vor allem in Deutschland, schon viel länger vor.
Fotos: Wintergarten-Fachverband
Im 19. Jahrhundert ließen sich vor allem Bürger in Städten, die Haus und Grund hatten, sogenannte Salettl bauen, Anbauten oder frei stehende Häuschen bzw. Pavillons mit rundum möglichst vielen Fenstern. Hier wurden Pflanzen in der Übergangszeit untergebracht, aber vor allem traf man sich hier mit Freunden, Nachbarn oder Verwandten zum Klatsch bei Kaffee oder Tee. Aber in der kalten Jahreszeit, wenn die Sehnsucht nach Licht und Nähe zur Natur am größten wurde, war es in diesen Bauten kalt und zugig.
Vom Glasanbau zum Wintergarten
Anfang 1980 begannen die ersten Versuche, die Anbauten aus Holz mit allseitiger Verglasung in sehr gut gedämmter Ausführung zu erstellen. Mit den damals verfügbaren Isoliergläsern mit Dämmwerten von k = 3,0 W/m²K und besten Rahmenmaterialien entstanden Glashäuser, die man auch im Winter nutzen konnte. Diese Anbauten waren jedoch fast immer durch Türen völlig vom Wohnraum abgetrennt.
Zur Weiterentwicklung trug der 1990 gegründete Wintergarten-Fachverband maßgeblich bei, da sich hier Fachleute zusammengeschlossen hatten, die den Wintergarten gemeinsam auf den heutigen, technisch weit ausgereiften Stand brachten. Der Wohnwintergarten, wie er heute gebaut werden kann, ist bei Ausführung mit bestmöglichen Rahmenmaterialien und hoch wärmedämmender Verglasung als zusätzlicher Wohnraum absolut geeignet.
Bedenken müssen Sie jedoch, dass auch der Wintergarten wie jeder andere Wohn- oder Aufenthaltsraum eine Heizquelle benötigt. Diese wird allerdings oft schon im Januar bei Sonnenschein tagsüber überflüssig, weil die hochwertige Verglasung die Sonnenstrahlen einfängt, den Raum erwärmt und diese Wärme auch nicht mehr nach außen entweichen lässt.
Kunststoff, Aluminium oder Holz-Aluminium sind die üblichen Rahmenmaterialien, die eingesetzt werden. Kunststoff ist in der Regel bei größeren Bauten nur mit Stahlunterstützung sinnvoll.
Aluminiumprofile müssen zwingend thermisch getrennt sein. Holz ist mit einer harten Schale aus Aluminium im Außenbereich bestens gegen Wind und Wetter geschützt, dämmt hervorragend und vermittelt eine angenehme Wohnatmosphäre.
Großzügigkeit ist Trumpf
Für einen Wohlfühlraum mit viel Glas und Licht gibt es mittlerweile zahlreiche Möglichkeiten, die nachfolgend kurz vorgestellt werden.
Nach wie vor häufig anzutreffen ist der klassische Anbau an Süd- oder Westseite des Hauses auf der bestehenden Terrasse, oft auch noch unter einem Balkon, der sich darüber befindet. Hier wird meist eine Konstruktion in Rechteckform mit Pultdach, also einseitig geneigtem Dach, ausgeführt.
Die Vorstellung vieler Interessenten, „Platz ist in der kleinsten Hütte“, führt oft dazu, Wünsche nach einem Anbau mit 2,5 m Tiefe und 3 m Breite an den Wintergartenbauer heranzutragen. Der Wintergartenprofi wird aber darauf hinweisen, dass diese Größe zwar schon einen Wintergarten darstellt, jedoch für eine angenehme Nutzung nicht oder nur eingeschränkt geeignet ist.
Mit einem Tisch, beidseitig mit Stühlen, ist die Breite mehr als ausgefüllt. Muss der hinten Sitzende mal aufstehen, haben auch die Übrigen aufzustehen, und die Gemütlichkeit ist futsch. Eine Tiefe von 3,5 m ist aus diesem Grund – wo immer möglich – ein absolutes Muss. Wenn die Grundfläche in der Breite noch eine Verlängerung von 1 oder sogar 2 m zulässt, sollte diese Fläche unbedingt in Anspruch genommen werden. Großzügigkeit in den Abmessungen vermittelt ein schönes und angenehmes Raumgefühl.
Wird ein bestehender Balkon in einen Wintergartenanbau integriert, ist zwingend darauf zu achten, dass die Balkonplatte ausreichend und fachgerecht wärmegedämmt wird. Mängel in der ausgeführten Dämmung führen zu Energieverlust, Kondensatausfall und leider auch Schimmelbildung an der Decke.
Die Konstruktion sollte immer so geplant und gebaut werden, dass Mobiliar, Pflanzen und Laufwege ausreichend Platz bekommen und Türen und Fenster dazu an den richtigen Stellen eingesetzt werden. Mit der Positionierung der Türe oder der Türen wird zugleich entweder auf die bestehende Gestaltung des umgebenden Gartens Bezug genommen, oder der Garten wird anschließend passend dazu angelegt.
Schon bei der Planung des Wintergartens ist also der nächste Schritt, die Außenanlage, mit zu bedenken. Als Durchgangsöffnungen können sowohl einfache Drehtüren als auch großflächig zu öffnende Schiebe- oder Falttüren verwendet werden.
Große Formenvielfalt
All diese Vorgaben und Überlegungen treffen nicht nur auf den einfachen Pultdach-Wintergarten zu, sondern sind bei allen Formen und Varianten zu beachten. Wird der Wintergarten nicht nur wie eine „Schuhschachtel mit schräg gestelltem Deckel“ unter den Balkon gequetscht, sondern ein stimmiger Gesamteindruck angestrebt, sollte Höhe in der Dachfläche gewonnen werden.
Mit einer steileren Neigung, die das Dach über die Balkonplatte hochführt, kann die Rückseite dieses „Kniestocks“ elegant für die Abluftführung genutzt werden und zudem die größere Dachneigung Niederschlagswasser schneller ableiten. Das Wohlfühlklima im Innern ist mit einer größeren Raumhöhe deutlich angenehmer.
Wird der Wintergarten an die Giebelseite oder bei mehrgeschossigen Gebäuden an die Fassade angebaut, lassen sich in der Regel mehr unterschiedliche Grundriss- und Dachformen realisieren. Rechteck- oder Quadratgrundrisse, mit abgeschrägten Ecken oder Erkern, Ausführungen mit Sattel-, Walm- oder Pyramiden- und Zeltdächern oder viktorianische Konstruktionen, alles ist möglich. Die Ansicht von außen, die Einbindung in den Bestand, sollte aus Sicht der Architektur immer beachtet werden.
In letzter Zeit hat sich der Trend verstärkt, Wintergärten mit einem Flachdach zu bauen. Der Würfel, der ans Haus gelehnt oder mit einem Verbindungsgang vom Wohnhaus zum Wintergarten auch etwas abgesetzt wird, erhält kein oder kein komplettes Glasdach mehr.
Begrünte Dächer, in die Lichtkuppeln, verglaste Pyramiden etc. eingebaut werden, sorgen in den darunterliegenden Wohn- und Aufenthaltsräumen für tolle Lichtspiele, die den Raum heimelig und interessant machen. Der Lichteinfall darf dabei natürlich nicht zu gering werden.
Bei dieser Bauweise wäre es auch möglich, das Dach als Balkon oder Dachterrasse auszuführen. Bei zweigeschossigen Wintergärten, die mit allen Grundriss- und Dachformen möglich sind, können begehbare Glasböden zusätzlich ein gewisses Etwas liefern.
Verglaste Balkone
Der verglaste Balkon ist vor allem bei Mehrfamilienhäusern oft die einzige Möglichkeit, auch ein Stück „Wohnen im Grünen“ zu bekommen. Eine Wohnung im dritten oder vierten Obergeschoss hat nun mal keinen direkten Zugang zum Garten.
Leider sind die meisten Balkone maximal 1,40 m tief, weshalb die vorgenannten Anforderungen an eine angenehme Platzaufteilung nicht gelten. Hier geht es in der Regel darum, genau wie die Erdgeschossbewohner auch „drinnen und doch draußen“ sein zu können.
Meist werden Balkone mit Schiebe- oder Faltelementen umbaut, die großflächig zu öffnen sind. Wird hierfür das Geländer entfernt und ist keine Betonbrüstung vorhanden, sind im Brüstungsbereich entsprechende Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten. Bleibt eine Brüstung aus Beton oder Stein mit einer Höhe von 90–110 cm stehen, auf die die Glaselemente aufgesetzt werden, muss sie gedämmt werden, wenn der Glasanbau als Wohn- bzw. Aufenthaltsraum genutzt werden soll.
Die obere Decke und auch der Boden sollten bei einer Nutzung als Wohnraum zwingend gedämmt werden, wenn die darüber- und darunterliegenden Balkone nicht ebenfalls verglast sind und somit keine direkte Verbindung zum Außenklima besteht.
Der verglaste Balkon lässt sich mit ins Wohnzimmer integrieren, wenn die Türe zum angrenzenden Wohnraum entfernt und vielleicht die Wand auch noch großzügig geöffnet wird. Licht, Leichtigkeit und Transparenz geben so dem neuen Raum eine spürbare Größe und verbessern das Wohngefühl.
Öffnung des Wohnraums für Wohlfühlatmosphäre
Diese großzügige Öffnung des Wohnraums in den angebauten Wintergarten sollte grundsätzlich eine Überlegung wert sein. Die Ansichten hierzu gehen unter Fachleuten auseinander.
Ein Lager vertritt die Meinung, dass der Wintergarten aus energetischen Gründen immer vom Wohnraum abgetrennt sein muss, mit der Begründung, dass über die großen Glasflächen mehr Energie verloren geht als über Außenmauerwerk. Ich bin absoluter Verfechter der Öffnung zum Wohnraum hin. Ich vertrete diese Ansicht seit über 30 Jahren, also auch schon, als die Gläser noch nicht die heutigen hervorragenden Dämmwerte von 1,1 W/m²K bei Zweifach-Glas und bis zu 0,6 W/m²K bei Dreifach-Glas hatten.
Unter dem Strich hat sich über all die Jahre herausgestellt, dass bei überlegter Nutzung des Wintergartens mit Heizen, Lüften und Beschatten und unter Miteinbeziehung des Wärmegewinns durch Sonneneinstrahlung die Energiebilanz ausgeglichen ist. Hier muss der Ordnung halber noch eingefügt werden, dass ein Wintergarten ohne aufeinander abgestimmte Be- und Entlüftung mit Beschattung in der Regel nicht funktioniert.
Für die Öffnung des Wohnraums zum Wintergarten spricht in ganz besonderem Maße der Gewinn an Großzügigkeit, die mit der Einbindung des Glasanbaus in den angrenzenden Wohnraum erzielt wird. Mehr als einmal wurden im Nachhinein mit großem Aufwand Außenwände weit geöffnet, um in den am Anfang verschmähten Genuss des wunderbaren Raumgefühls zu kommen.
Kalte Wintergärten verlängern die Draußensaison
Die in den letzten Jahren verstärkt aufkommenden Kaltwintergärten, Glashäuser oder Sommergärten mit Einfachverglasung ersetzen keinen Wohnwintergarten. Sie verlängern vielmehr den Sommer in den Herbst und lassen die Freiluftsaison im Frühjahr eher starten.
Heiligabend oder Silvester in einem solchen Glashaus zu verbringen, ist mit entsprechender Kleidung und mobilen Heizradiatoren o.Ä. möglich. Ein heimeliges Wohngefühl kann und wird darin allerdings nicht aufkommen.
Egal für welche Variante mit welchem Nutzungsanspruch Sie sich entscheiden, das Gefühl, „drinnen und doch draußen“ zu sein, ist unbeschreiblich und möchte von keinem mehr vermisst werden, der einmal in diesen Genuss kam.
Dipl.-Ing. Franz Wurm
Ingenieur- und Sachverständigenbüro für
das Bauen mit Holz, Glas und Metall
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