Mit einem Treppenlift mobil bleiben
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Im Alter fällt das Treppensteigen oft wegen Mobilitätseinschränkungen schwerer, aber auch durch einen Unfall oder eine schwere Krankheit kann die Beweglichkeit eingeschränkt werden, sodass eine Treppe im Haus zum unüberwindlichen Hindernis wird. Hilfreich ist dann ein Treppenlift, der auch in Altbauten installiert werden kann.
Im Internet gibt es jede Menge Informationen zu Treppenliften, auch in Zeitschriften und in der TV-Werbung werden die verschiedenen Produkte vermehrt vorgestellt. Doch wonach richtet man sich, welche Kriterien helfen, die passende Wahl zu treffen? Wir haben für Sie zusammen mit Manfred Gelke von der Firma Sana Treppenlifte AG, zertifiziertes Mitglied im Deutschen Treppenlift-Verbund (siehe Infokasten), die wichtigsten Fragen beantwortet.
Der erste Schritt: Das richtige Modell auswählen
Hilft ein Treppenlift auch einer Person, die im Rollstuhl sitzt? Eine Klärung, welche Liftart im Einzelfall die langfristig richtige ist, ist aus der Ferne oder via Recherche im Internet nur schwer möglich. Jede Entscheidung hängt von mehreren individuellen Faktoren ab.
Wir raten Ihnen, eine kostenfreie Beratung von einem Mitarbeiter einer Wohnberatungsstelle oder direkt von einem Treppenlifttechniker einzuholen (Adressliste im Anhang). Lassen Sie sich alles ausführlich erklären, denn es gibt vielerlei Fragen zu erörtern, die sich einem Laien nicht direkt erschließen, z.B. die Frage nach dem richtigen Modell.
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„Treppenlift“ ist ein im Alltagsgebrauch dehnbarer Begriff, meistens ist damit ein Lift mit eigenem Sitz, ein sogenannter Treppensitzlift gemeint, nicht aber ein Lift mit Plattform für einen Rollstuhlfahrer. Die Frage, ob ein Rollstuhlfahrer noch einen Treppensitzlift nutzen kann, ist also sehr wichtig: Nur wenn das Umsetzen von einem Rollstuhl auf einen anderen Sitz möglich ist, kann ein Treppensitzlift auch von einem Rollstuhlfahrer benutzt werden. „Doch nicht vergessen“, erinnert uns Manfred Gelke in unserem Gespräch, „meistens benötigt man dann für das andere Geschoss einen weiteren Rollstuhl.“
Ein Plattformlift hingegen ermöglicht es dem Rollstuhlfahrer, direkt auf die Plattform zu fahren und mitsamt dem Rollstuhl in das nächste Geschoss transportiert zu werden. Ein Umsteigen bzw. -setzen ist dann nicht nötig. Ist für einen Plattformlift zu wenig Platz, werden im Einzelfall auch Liftschienen an der Decke montiert, an denen der Rollstuhl eingehängt werden kann.
Darüber hinaus gibt es auch Hebebühnen und (Senkrecht-)aufzüge, die eher im Außenbereich Anwendung finden. Welches Liftmodell am besten passt, hängt stark vom Grad der körperlichen Einschränkungen des Betroffenen ab und natürlich von den baulichen Gegebenheiten.
Kann man einen Lift in jedem Altbau nachrüsten?
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Neben der Auswahl der richtigen Liftart müssen die räumlichen Gegebenheiten vor Ort genau unter die Lupe genommen werden. Eine präzise Planung und Vorortvermessung von einem Fachmann sind unumgänglich. Hier werden Länge, Breite, Steigungsgrad und etwaige Kurvenradien gemessen, es werden die Befestigungsmöglichkeiten in Augenschein genommen, und die Fahrbahn sowie die Parkmöglichkeiten zum Ein- und Aussteigen werden skizziert.
„Für nahezu alle Gegebenheiten gibt es die passende Liftlösung, sogar für Wendeltreppen“, so Manfred Gelke, „aber nur selten können Modelle direkt vom Lager eingesetzt werden, ohne dass sie auf die speziellen Bedingungen vor Ort angepasst werden. Die meisten eingebauten Liftsysteme sind Maßanfertigungen.“ Der Umfang der technischen Anpassung wirkt sich auf den Endpreis aus. Daher gilt es, sich Angebote aus dem Internet genau anzusehen, denn nur selten passen sie auf die Vor-Ort-Gegebenheiten.
Herstellerfirma: Welche Produktklasse soll es sein?
„Zunächst ist es wichtig, sich für die individuell passende Preiskategorie zu entscheiden. Ähnlich wie beim Autokauf, da entscheidet man ja auch vorab, ob es die Golf-Klasse oder ein Ferrari werden soll“, erläutert Manfred Gelke auf die Frage nach der Wahl des Herstellers beim Treppenliftkauf.
Die preislichen Unterschiede kommen bei den Treppenliften ähnlich wie in der Automobilindustrie nicht unerheblich durch Ausstattung und Design zustande. Die technische Basisausstattung liegt bei einem neuen Modell in etwa bei 8000–10.000 Euro pro Geschoss bei kurvig verlaufender Treppe.
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Der Unterschied ist, ob man auf einem farblich zur Tapete passenden Ledersitz oder mit einem gebrauchten Standardsitz (Farbe und Stoff sind egal) ins nächste Geschoss fahren will. Kann man die eigenen Vorstellungen zu Optik und Material benennen und weiß, welche technischen Extras man sich wünscht, lässt sich abwägen, welche Herstellerfirma infrage kommt und welche nicht.
„Allerdings ist es gerade im unteren Preissegment sehr wichtig, darauf zu achten, ob die Lifte vom TÜV und nach EU-Maschinenrichtlinie zugelassen sind“, fährt Manfred Gelke fort. „Denn es drängen auch immer mehr Produkte aus Nicht-EU-Ländern zu deutlich niedrigeren Preisen auf den Markt, bei denen es aber oft an wichtigen Punkten hakt.“
Nicht nur die fehlende Zulassung kann ein Problem darstellen, sondern auch die mangelnde Vor-Ort-Betreuung. Wenn man Lifte aus dem Internet von örtlich entfernt liegenden Firmen kauft, fehlt die Einweisung in die Technik und es gibt keine schnelle, unkomplizierte Hilfe im Notfall, außer man kauft sie bei einer anderen Firma teuer ein, genauso wie die Wartungsleistungen. Zudem muss man genau darauf achten, ob zum Angebotspreis noch Fremdleistungen wie Kosten für den Elektriker dazugerechnet werden müssen.
„Alternativ zu vermeintlichen Billigangeboten aus dem Netz kann man mit der Anschaffung eines gebrauchten Treppenliftes zwischen 30 und 50 % einsparen“, so Manfred Gelke. „Und jede renommierte Fachfirma setzt auch gut erhaltene Produkte nach einer Generalüberholung wieder ein.“
Und damit sich niemand vor dem Gebrauch eines bereits genutzten Sitzes scheuen muss, sollten das Sitzpolster und sinnvollerweise auch Schalter und andere Verschleißteile im Vorhinein vom Anbieter standardmäßig erneuert werden. Auf Wunsch können gebrauchte Treppenlifte auch vom TÜV abgenommen werden, auf jeden Fall sollte eine TÜV-CE-Zertifizierung vorhanden sein.
Bedienung des Gerätes: So gewinnen Sie Sicherheit
Foto: SANA Treppenlifte AG
Das beste Gerät hilft nicht weiter, wenn die Scheu zu groß ist, es zu benutzen. Gerade Menschen im hohen Alter haben oft Angst vor Technik, die nur durch gemeinsames Üben überwunden werden kann. Auch hier ist es also sehr wichtig, eine fachkompetente Einweisung zu bekommen, um alle Fragen zur Bedienung gleich zu Anfang klären zu können.
Ein guter Fachtechniker erklärt auch die verschiedenen Sicherheitsvorrichtungen, wie die Sicherheitsgurte, Abrollsicherungen für Rollstühle, rutschfeste Griffe und Trittbretter oder auch technische Feinheiten wie Abstandsmesser. Laut Manfred Gelke sind auch Notfall-Absenkvorrichtungen für den Fall eines Stromausfalls standardmäßig eingebaut.
Finanzierung: So lässt sich die Anschaffung „stemmen“
Das Mieten eines Treppenliftes klingt im ersten Moment verlockend. Es ist aber sinnvoll, sich genau zu überlegen, ob der Lift wirklich nur vorübergehend benötigt wird. Dies ist z.B. der Fall bei einem Umzug in absehbarer Zeit oder einer temporären Geheinschränkung wegen einer Operation. Wird der Lift nämlich doch länger als drei Jahre benötigt, zahlt man am Ende drauf.
Entscheidet man sich für den Kauf eines Liftes, ist aber finanziell schwer oder gar nicht in der Lage, die hohen Investitionskosten aufzubringen, helfen verschiedene Institutionen mit Zuschüssen weiter. Allen Zuschüssen liegen verschiedene Voraussetzungen, wie Eingruppierung in eine Pflegestufe, Nachweis einer Schwerbehinderung oder auch bestimmte Einkommens- und Vermögensgrenzen zugrunde.
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Die genauen Bedingungen gilt es direkt bei den Geldgebern nachzufragen. Wichtig ist, dass die Zuschussfrage vor Einbaubeginn geklärt ist. Die Anträge müssen in der Regel mit zwei vergleichbaren Angeboten eingereicht werden. Planen Sie genug Zeit ein, die Bearbeitung kann unter Umständen viel Zeit in Anspruch nehmen.
Gängige Finanzierungsmöglichkeiten: Hat der Betroffene eine Pflegestufe, kann er einen Zuschuss von 2557 Euro bei seiner Pflegekasse beantragen. Über das Bayerische Wohnungsbauförderprogramm können Antragsteller, die innerhalb der dort geltenden Einkommensgrenzen liegen und die einen Grad der Schwerbehinderung von mindestens 50 % haben, bis zu 10.000 Euro als sogenanntes Leistungsfreies Darlehen bekommen.
Die Berufsgenossenschaft bezuschusst den Lift-Einbau, wenn die Mobilitätseinschränkung die Folge eines Arbeitsunfalls ist. Bei Unfällen springt die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers ein. Bei Sozialhilfe- oder Grundsicherungsempfang kann man sich an die zuständige Behörde wenden. Einige Kommunen haben kommunale Förderprogramme, und es gibt auch Stiftungen für altersgerechte Wohnungsanpassung.
Yvonne Sommer,
Beratungsstelle Wohnen, München
Kauftipps für einen Treppenlift
Die Investition für einen Treppenlift wird meistens nur einmal im Leben getätigt. Umso wichtiger ist es, dass man die Entscheidung gut vorbereitet. Wenn Sie diese Empfehlungen beherzigen, kann fast nichts mehr „schief gehen“ und Sie können bald mit Ihrem Treppenlift unbesorgt eine erhebliche Alltagserleichterung genießen:
- Lassen Sie sich von einem Fachberater alles ausführlich erklären.
- Die Fahrbahn und die Haltestellen des Treppenlifts muss der Fachberater aufskizzieren.
- Überstürzen Sie nichts und holen Sie sich mindestens ein Zweitangebot ein.
- Lassen Sie sich nicht dazu drängen, sofort einen Kaufvertrag zu unterschreiben.
- Achten Sie besonders oben/unten an der Treppe darauf, ob Sie sicher ein- und aussteigen können.
- Versperrt der Fahrstuhl oder die Fahrbahn oben/unten an der Treppe den Durchgang? Welche Lösungen werden angeboten, um das Transportsystem „wegzuklappen“.
- Stellen Sie sicher, ob die Bedienung des Systems vom Patienten oder von einer Hilfsperson erfolgen kann bzw. muss.
- Beziehen Sie bei der Entscheidung, ob ein Sitztreppenlift oder ein Plattformlift installiert wird, unbedingt die Krankheitsverlaufsprognose des Benutzers mit ein. Für einen Rollstuhlfahrer, der nicht mehr Umsetzen kann (vom Rollstuhl auf den Lift), kommt nur ein Plattformlift infrage.
- Welche Fremdleistungen kommen u.U. zum Angebotspreis hinzu: Elektriker für Stromzuleitung, Bauhandwerker, Maler etc.?
- Wie lange ist die Garantiezeit? (12 Monate sollten es auf jeden Fall sein, besser 36 Monate.)
Beratung, Service, Wartung und Folgekosten:
- Was kostet ein Wartungsvertrag? (mindestens eine Wartung pro Jahr ist empfehlenswert);
- Wie hoch ist der Stundensatz für den Einsatz des Kundendienstes/Störungsbeseitigung?
- Wie viel kostet maximal die reine Anfahrt für einen Kundendienst bei Reparatur/Störungsbeseitigung?
- Wie lange dauert es längstens bis der Kundendienst bei Ihnen ist?
- Nimmt der Anbieter bei Demontage des Lifts das System wieder zurück? Zu welchen Konditionen?
- Berät der Anbieter auch über Möglichkeiten der Finanzierung durch Kostenträger (Pflegekasse, Beihilfe, Landesprogramme)?
- Weist er Sie darauf hin, dass Anträge bei Kostenträgern immer vor Auftragserteilung gestellt werden müssen? (Finanzierungszusagen abwarten!)
- Erklärt er Ihnen, welche individuellen Voraussetzungen bei den Kostenträgern erfüllt sein müssen?
- Berät der Fachberater Sie auch über Alternativen wie Miete und Mietkauf?
Bernhard Reindl,
Beratungsstelle Wohnen, München
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