Regenwassernutzung im Haus
Niederschlagswasser: Vom lästigen Abwasser zum geschätzten Rohstoff
Grafik: fbr Regenwasser kann einfach gereinigt und gelagert werden. Als Rohstoff im Haushalt hilft es Trinkwasser zu sparen – in Einzelfällen bis zu 50 %, z.B. bei der Toilettenspülung, der Waschmaschinennutzung und der Gartenbewässerung. Eine Anlage zur Regenwassernutzung im Wohnhaus gemäß DIN 1989-1 ist zurzeit Stand der Technik. Sie besteht aus Sammelleitungen mit Filter und Speicher/Überlauf, einem Leitungssystem zu den Verbrauchsstellen sowie der Pumpentechnik mit automatischer Trinkwasser-Nachspeisung.
Voraussetzungen und Vorteile
In Deutschland sind 99 % der Haushalte an eine öffentliche Wasserversorgung angeschlossen, denn für Eigentümer eines Gebäudes besteht der gesetzliche Zwang, sich von dem vor Ort zuständigen Wasserversorger mit Trinkwasser beliefern zu lassen und dieses zu verwenden. Dieser Anschluss- und Benutzungszwang basiert auf einem älteren nationalen Gesetz.
Das regional zuständige Wasserversorgungsunternehmen muss Hausbesitzer heutzutage jedoch davon befreien, wenn sie statt Trinkwasser lieber Regenwasser für Toilettenspülung, Waschmaschine oder Gartenbewässerung nutzen wollen. Allerdings besteht die Pflicht, dem Wasserversorger und dem Gesundheitsamt die Art und den Umfang der Regenwassernutzung mitzuteilen. Erst danach dürfen Sie mit dem Bau einer Regenwassernutzungsanlage beginnen.
Das finanzielle Engagement des Bauherrn wird durch die Einsparung bei der Trinkwassergebühr belohnt. Wenn das Regenwasser für die Bewässerung des Gartens eingesetzt wird, spart der Besitzer zusätzlich bei der Abwassergebühr. Wenn ein möglicher Überlauf des Regenspeichers auf dem Grundstück versickert, entfällt auch die Niederschlags-Ableitungsgebühr.
Finanzielle Förderung
Foto: Mall Für die Trinkwasserversorgung und Maßnahmen zur Reduzierung des Wasserverbrauchs sind die Bundesländer und Kommunen zuständig. Das Motiv für ein regionales Förderprogramm für Regenwassernutzungsanlagen kann ein Engpass in der Trinkwasserversorgung sein, z.B. ein Mangel an verfügbaren Ressourcen oder ein zu klein dimensioniertes Verteilnetz.
Einige Länder und Gemeinden fördern die Regenwassernutzung aber auch einfach, weil es grundsätzlich Sinn macht, Trinkwasser zu sparen und Regenwasser zu nutzen. Langfristig spart das Geld und schont die Grundwasservorräte. Aber es werden auch die Mischwasserkanäle entlastet, Gewässer vor Schadstoffeinträgen geschützt und Keller vor Überschwemmungen bewahrt.
Wer einen Regenspeicher gemäß den Förderrichtlinien bauen möchte, sollte sich vorab auf jeden Fall bei seiner Gemeinde/Kommune erkundigen, ob es ein regionales Förderprogramm für Regenwassernutzungsanlagen gibt, wie es z.B. die Gemeinde Gräfelfing anbietet (Näheres siehe unter www.graefelfing.de/energie-umwelt-abfall/foerderprogramme/regenwassernutzung.html.
Überschlägige Berechnungen
In Deutschland regnet es zu jeder Jahreszeit – in Sommermonaten mehr, in Wintermonaten weniger. Doch von Woche zu Woche variieren Menge, Intensität und zeitliche Verteilung. Berechnungen des Regenwasserertrags basieren auf regionalen Wetterdaten der Vergangenheit. Mit der Prüfung, ob Ertrag und Bedarf in einem guten Verhältnis stehen, beginnt die Planung einer Anlage zur Nutzung von Niederschlagswasser. Hier ein Beispiel:
Für ein Einfamilienhaus mit Ziegeldach in Augsburg ergeben sich z.B. pro Jahr 99 m³ Regenertrag aus der Multiplikation von:
- Jahresniederschlag in Augsburg 800 mm (1 mm entspricht 1 l/m²)
- Gebäudelänge Traufe 13,5 m, Giebel 11,5 m (Auffangfläche = Dachprojektion)
- Ertragsbeiwert Ziegeldach e 0,8 (d.h. 20 % Verspritzen, Aufsaugen, Verwehen)
78 m³ Regenwasserbedarf entsteht für einen fünfköpfigen Haushalt als Summe aus der Verwendung für Putzen, Waschmaschine, WC-Spülung und für die Bewässerung eines 120 m² großen Gartens. Laut DIN 1989-1 benötigt eine Person pro Tag:
- WC 24 l (8,76 m³ pro Jahr)
- Waschmaschine 10 l (3,65 m³ pro Jahr)
- Bei fünf Personen: 5 x (8,76 m³ + 3,65 m³) = 62,05 m³ pro Jahr
- zuzüglich 25 l pro Tag und Haus für Putzen (9,13 m³ pro Jahr)
- zuzüglich 6 m³ je 100 m² und Jahr für die Gartenbewässerung (bei 120 m² 7,20 m³ pro Jahr).
4,7 m³ Speichergröße ergeben sich nach dem vereinfachten Verfahren gemäß DIN 1989-1 aus dem kleineren Volumen von Ertrag oder Bedarf, hier 78 m³, multipliziert mit dem Faktor 0,06. Das entspricht einer Nutzungsmöglichkeit von 22 Tagen in einer Trockenperiode bei zuvor vollem Speicher.
Foto: ZVSHK
Und wohin mit dem Überlauf des Speichers und mit dem Oberflächenabfluss, der nicht genutzt werden kann? Früher war der Anschluss der Regenwasserleitung an den Kanal der Kommune vorgeschrieben und kostenlos, heute wird dafür eine Gebühr verlangt. Deshalb sollten Sie überschüssiges Regenwasser, das nicht mehr in die Zisterne passt, nach Möglichkeit auf Ihrem Grundstück versickern lassen. Die erforderliche Größe der Sickermulde muss gemäß den Angaben des örtlichen Tiefbau- oder Umweltamtes bemessen werden:
- 15 % der Dachgrundfläche rechnet man z.B. in Freiburg im Breisgau als erforderliche Muldenfläche, um zu gewährleisten, dass bei der vorhandenen ortsspezifischen Bodendurchlässigkeit und 30 cm Muldentiefe das Rückstauvolumen auch bei Starkregen und voller Zisterne ausreicht.
- Fehlt ein Hinweis der Kommune, wird die Größe der Sickermulde nach dem Arbeitsblatt 138 der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. errechnet. Tipp: Die Berechnung bieten kompetente Zisternenhersteller ihren Kunden als kostenlosen Service an.
Kosten und Nutzen
Foto: König Preiswert ist es, wenn bei einem Neubau ein Regenspeicher und ein separates Leitungsnetz für die Regenwassernutzung gleich mit installiert werden, da dann ohnehin alle nötigen Handwerker vor Ort sind. Das Ganze lohnt sich, wenn der Trinkwasserpreis und der Regenertrag hoch sind und gleichzeitig auch ein großer Bedarf an Regenwasser besteht.
Im oben genannten Rechenbeispiel ist mit 99 m³ deutlich mehr Ertrag vorhanden als der festgestellte Bedarf von 78 m³. Somit kann bei richtig berechneter Speichergröße davon ausgegangen werden, dass in der Regel Regenwasser zur Verfügung steht.
Tipp: Wenn Ihr Trinkwasser sehr hart ist, verwenden Sie das Regenwasser zu allererst zum Wäschewaschen. Regenwasser ist absolut weich, sodass Sie bei der Verwendung in der Waschmaschine neben dem Trinkwasser zusätzlich viel Waschmittel sparen können. Außerdem sollten Sie wegen der Abwassergebühren bei der Kommune nachfragen – je nach Satzung sind bei der Verwendung von Regenwasser neben der Gartenbewässerung auch das Spülen von Toiletten und das Wäschewaschen von der Abwassergebühr freigestellt.
Wenn Sie das Verhältnis von Kosten zu Nutzen genau wissen möchten, fragen Sie beim Speicherhersteller nach einer Computersimulation. Aus dem Investitionsbetrag und den örtlichen Gebühren ergibt sich die Amortisation.
Bei Ein- und Zweifamilienhäusern beläuft sie sich in der Regel auf 15 Jahre. Das ist bei der langen Nutzungsdauer hochwertiger Anlagen-Komponenten akzeptabel, wenn normgerecht gebaut wurde. Für Betriebskosten wie Pumpenstrom und Instandhaltung wird ein Betrag von 3–4 % der Investitionssumme pro Jahr angesetzt.
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Instandhaltung
Technik braucht grundsätzlich Inspektion und Wartung, um dauerhaft zu funktionieren. Das gilt auch für Anlagen zur Nutzung von Regenwasser, obschon der Aufwand für die Instandhaltung von Jahrzehnt zu Jahrzehnt weniger geworden ist.
Foto: Mall
Der richtige Zeitpunkt für die jährliche Wartung ist der Herbst. Vor der Frostperiode sollte die Anlage zur Regenwassernutzung winterfest gemacht werden. Es lohnt sich dann auch, den Filter nochmals von Laub zu befreien und gründlich zu reinigen.
Was ist sonst zu tun? Handwerker bedienen sich dazu einer Liste im Anhang der DIN 1989-1. Weil die erforderlichen Maßnahmen leicht zu erledigen sind, bieten Garten- und Landschaftsbau- (GaLaBau-) sowie Sanitär-Betriebe den Wartungsservice preiswert an.
Selbst Hand anlegen
Für Betreiber, die sich die einfachen Handgriffe selbst zutrauen, aber professionell vorgehen möchten, gilt folgender Tipp: Die Original-Liste der DIN 1989-1 zur Inspektion und Wartung von Regenwasseranlagen ist in der 20-seitigen „Betriebsanleitung Regenwassernutzungsanlagen“ enthalten. Sie können diese Anleitung preiswert bei der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V. (Adresse siehe Kasten „Weitere Informationen“) bekommen.
Diese Schrift bietet zusätzlich die Formulare eines Wartungsvertrags, einer Fachunternehmerbescheinigung, eines Inbetriebnahme- und Einweisungsprotokolls (ebenfalls gemäß DIN 1989-1) sowie einen Vordruck für die vor dem Bau der Anlage erforderliche Mitteilung an Trinkwasserversorger und Gesundheitsamt, entsprechend der Trinkwasserverordnung und der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV).
Klaus W. König
Sachverständiger für Bewirtschaftung und Nutzung von Regenwasser,
Lehrbeauftragter an der Universität Stuttgart und an der Hochschule Reutlingen
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Weitere InformationenFachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V. Mall GmbH Otto Graf GmbH |