Ökologisch bauen

Worauf Sie bei der Auswahl  von Fußbodenbelägen achten sollten

Linoleum ist im KinderzimmerFoto: Forbo Flooring Systems Der kann was ab: Linoleum ist im Kinderzimmer eine gute Wahl, und außerdem kann dieser Boden es echt bunt treiben. Wer ein Haus baut oder saniert und dabei für die eigene Gesundheit die größt­mög­li­che Sicherheit und für die Umwelt die geringste Belastung erreichen will, wird auch beim Fußboden einen ökologisch vertretbaren Aufbau wählen. Denn tatsächlich ist es nicht damit getan, nur beim Belag genauer hinzuschauen. Die ganze Unterkonstruktion sollte ebenfalls nicht nur den physikalischen Ansprüchen an den Fußboden standhalten, sondern den Anforderungen des ökologischen Bauens gerecht werden.

Ökologische Baustoffe zeichnen sich dadurch aus, dass sie

  • aus überwiegend nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden,
  • aus nachhaltig bewirtschaftetem Anbau gewonnen werden,
  • in ihrer Wachstumsperiode CO2 gebunden haben, welches sie bis zur Verrottung/Ver­wertung speichern,
  • im Herstellungsprozess vom Roh­stoff zum fertigen Fußbodenbelag möglichst wenig Energie benötigen,
  • mit möglichst geringer Transportenergie zur Verfügung gestellt werden können,
  • ohne oder nur mit natürlichen, gesundheitlich unbedenklichen Hilfsstoffen (Klebern, Bindemitteln, Zuschlagstoffen) hergestellt werden,
  • am Ende der Nutzungs­dauer CO2-neutral kompostiert oder thermisch verwertet werden können.

Diese Kriterien gelten sowohl für den Fußbodenbelag und die Versiegelungsmaterialien als auch für den Unterbau. Wer es ernst meint, verzichtet auch bei Klebern, Trägerstoffen und Dämmschichten auf Chemie- und Erdölprodukte, die gesundheitsschädliche Dämpfe ab­son­dern und/oder am Ende der Nutzungsdauer wie Sondermüll behandelt werden müssen.

Doch will man die Verwendung von ökologischen Baustoffen so konsequent zu Ende denken, kommt man ohne viel Recherche oder fachkundige Beratung kaum zurecht. Die Deklarierungspflichten im Baustoffhandel sind nicht sonderlich streng.

Wir haben den Geschäftsführer von ÖkoPlus, Ulrich Steinmeyer, zu natürlichen Fußböden aus umweltverträglichen Rohstoffen befragt. In diesem Fachhandelsverbund haben sich deutschlandweit Baustoffhändler und Hersteller zusammengeschlossen, die ökologisches Bauen möglichst konsequent umsetzen.

 

Holz ist nicht gleich Holz

Parkett, Dielen, Bohlen – Holz ist der Inbegriff für den ökologischen Baustoff. Doch ganz so einfach ist es nicht. „Man muss schon sehr genau darauf achten, woher das Holz kommt und wie es verarbeitet wurde. In Deutschland kann ökologisch korrekt eigentlich nur Laub- und Nadelholz aus euro­päischer, nachhaltiger Forstwirtschaft verbaut werden“, so Steinmeyer. Nur dabei könne die Kombination „nachhaltig bewirtschafteter Wald“ und „niedrige Trans­port­ener­gie“ relativ sicher erreicht werden.

Kellerwald-Dielen aus EicheFoto: Fa. Drüsedau Kellerwald-Dielen aus Eiche bestehen aus massivem Holz. Es gibt sie in einer Vielzahl von Farbtönen. Massive unbehandelte Vollholzprodukte sind am unbedenklichsten, richtig ver­ar­bei­tet von jahrzehntelanger Haltbarkeit und notfalls im Kaminofen zu entsorgen. Da Holz aber „arbeitet“, kann es beim Verlegen zu leichten Unebenheiten kommen.

Wer höhere Ansprüche an ebene Flächen stellt, sollte eher auf Mehrschichtparkett aus einer einzigen Holzsorte zu­rück­grei­fen. „Durch die gleiche Holzart arbeiten die drei Schichten annähernd identisch, dehnen sich in etwa identisch aus und ziehen sich identisch zu­sam­men. Durch das Verleimen der einzelnen Schichten mit for­mal­de­hyd­frei­en Klebern in unterschiedlicher Ma­se­rungs­rich­tung werden im Dreischichtparkett Ver­wer­fungs­span­nun­gen annähernd ausgeschlossen“, weiß Steinmeyer aus jahrelanger praktischer Erfahrung mit dem Baustoff.

Bei allen Nicht-Vollholzprodukten sollte man grundsätzlich darauf achten, dass die Holznutzschicht dick genug ist. „Gerade bei Fertigparketten ist oft die Nutzschicht nur wenige Millimeter dick. Größere Macken können dann nicht mit Schleifen und Neu-Ver­sie­geln ausgebessert werden“, sagt der Experte. Diese Produkte seien billiger, aber eben auch nicht sanierungsfähig und daher am Ende doch teurer.

Wo immer der Platz dafür zur Verfügung steht, sollte der Unterbau unter Holzböden kon­se­quen­ter­wei­se aus einer Trittschall-/Wärmedämmung aus Kreuzlattung mit Naturdämmstoff (z.B. Jutefilz, Holzweichfasern oder Zelluloseflocken) bestehen. Doch die Wahl des Holz­bo­dens hängt letzt­endlich auch von der Dicke des möglichen Aufbaus ab.

Dreischicht-Vollholzparkette beispielsweise lassen sich ohne Unterbau flächig verkleben und so dort einsetzen, wo nicht viel Höhe zur Verfügung steht. „Mit Naturlatex können Sie hier aber nicht arbeiten. Zum Verkleben von Parkett muss man auf einen synthetischen Kleber zu­rück­grei­fen, wir empfehlen natürlich einen formaldehydfreien.“

 

Linoleum – robust und farbenfroh

Bis Polyvinylchlorid (PVC) als günstiger synthetischer Fußbodenbelag Mitte des 20. Jahr­hun­derts Linoleum fast vom Markt verdrängte, fand das Produkt aus nachwachsenden und natürlichen Rohstoffen überall dort Verwendung, wo Robustheit, Wasser­unempfindlichkeit und Pflegeleichtigkeit gewünscht waren. Und genau wegen dieser Pulspunkte und einer großen Farbpalette gibt es Linoleum immer noch.

Leinöl der Qualität, wie man es auch in der Küche nutzt, ist der Haupt­be­stand­teil von Linoleum. Holz- und Korkmehle, Kork und Kalkstein sind die Füllstoffe, Naturharze dienen als Bindemittel, Jute als Trägerstoff.

„Linoleum gibt es als Bahnenware, Fertigparkett mit Nut und Feder und als Dielen und kann in wirklich allen Wohnbereichen eingesetzt werden, auch in Nassbereichen“, erklärt Linoleum-Fan Stein­meyer. Der Untergrund sollte mit einer möglichst mineralischen Spachtelmasse versehen werden. „Im Unterschied zu Holz kann Linoleum mit Naturharzklebern verklebt werden.“ Die vergleichsweise auf­wändige Herstellung dieses Naturproduktes erschwert jedoch seine Marktstellung.

 

Kork – alle Jahre wieder

Mit geringer Herstellungsenergie und einer wirklich nachhaltigen Gewinnung punktet Kork. Alle acht bis zwölf Jahre dürfen die Korkei­chen, aus deren Rinde der Rohstoff gewonnen wird, geschält werden. So liefern die Korkeichen­wäl­der über viele Jahrzehnte den Roh­stoff und bilden gleichzeitig einen einzigartigen Lebensraum.

Die größten Anbaugebiete liegen in Portugal und Spanien, Kork punktet also auch mit vertretbaren Transportkosten. „Wer jedoch ein konsequent ökologisches Korkprodukt kaufen will, muss darauf achten, dass die Korkbestandteile mit Naturharzen und nicht mit synthetischen Klebern oder – noch schlechter – Polyurethan verarbeitet wurden. Damit wird ein eigentlich umweltfreundliches Korkprodukt fast zum Sondermüll. Leider“, so Steinmeyer, „gibt es aber keine ausreichende Deklarationspflicht für solche Produkte. Hier hilft wieder nur: Fragen Sie dem Verkäufer Löcher in den Bauch.“

Der Untergrund kann – ähnlich wie bei Linoleum – aus Estrich oder einer Holz­un­ter­kons­truk­tion mit Verlegeplatten bestehen. Darauf kann Massivkorkparkett flächig verklebt werden, hier funktionieren ebenfalls Naturharzkleber. „Wer auf Nummer sicher gehen will in Sachen Umwelt- und Gesundheitsbelastung sollte hier tatsächlich auf unbehandelte Korkplatten zurückgreifen und die Oberfläche selbst versiegeln mit Öl und Wachs oder mit Naturharzöl-Klarlack“, rät der Fachmann. Der Vorteil beim Massivparkett sei, dass Schadstellen relativ einfach saniert werden können.

Die Alternative zu Massivparkett sind Fertigparkettböden. Hierbei handelt es sich in der Regel um ein Dreischicht-Produkt, bestehend aus einer Korkunterseite, einer Mittellage aus Holzwerkstoff und der Deckseite aus hochwertigem, aber oft nur dünnem Kork, der im Beschädigungsfall nicht repariert werden kann.

„Diese Produkte haben gute Trittschalldämmwerte, und die Ober­flä­chen­ver­sie­ge­lung wird in der Regel bereits werksseitig vorgenommen“, kennt Steinmeyer die Do-it-yourself-Vorzüge des Materials. Leider aber lässt sich für den Kunden oft nur schwer erkennen, mit welchen Klebern und Oberflächenversiegelungsmaterialien gearbeitet wurde.

Laut Herstellerwerbung kann der wunderbar fußwarme Kork in allen Wohnbereichen eingesetzt werden, wenn seine Oberfläche entsprechend versiegelt ist. „Ich empfehle ihn aber nicht für das Badezimmer und auch nicht für die Küche. Für Feuchträume und Flächen, die oft mit Wasser geputzt werden, sind Linoleum und Holz die bessere Wahl“, rät der Geschäftsführer von ÖkoPlus.

 

Bambus – das weitgereiste Riesengras

Auch Bambus verträgt gut Feuchtigkeit. Doch aufgrund extrem hoher Transportkosten und eines ziemlich kleberaufwändigen Her­stel­lungs­pro­zes­ses sind Bambusparkette und -dielen für ökologisch interessierte Ver­brau­cher keine wirkliche Alternative.

Dabei gelten die Werkstoffe aus dem schnell wachsenden, verholzenden Riesengras Chinas als extrem strapazierfähig und multifunktional einsetzbar. Ähnlich wie Kork wird Bambus tatsächlich nachhaltig gewonnen, da die Entnahme einzelner ausgereifter Sprosse das un­ter­ir­di­sche Rhizom ermuntert, gleich neue Halme aus der Erde zu schieben.

 

Sisal, Jute, Kokos, Flachs – Fasern vom Feld

Wo immer es wirklich robust zugehen muss, überzeugen die Fasern vom Feld. Trans­port­we­ge und Produktionsverfahren sind jedoch lang und aufwändig. Sisal wird aus den Fasern einer Agavenart gewonnen, die überwiegend auf brasilianischen Feldern kultiviert wird und über Jahre nachhaltig geerntet werden kann.

Jute ist ein Naturfasergewebe aus den Stängeln der einjährigen Corchorus-Pflanzen. Flachs wird aus den Fasern des Lein-Stängels gewonnen, jedoch nur selten rein verarbeitet, sondern meist in Woll-Gemischen. Wohlfühlweich sind diese Fußböden nicht, reinigen lassen sie sich nur trocken.

 

Wolle – tierisch gut nachwachsend

„Teppichböden haben insgesamt in den zurückliegenden Jahren an Marktbedeutung verloren zugunsten pflegeleichter, glatter Böden aus Holz, Laminat, Vinyl und Fliesen aller Art“, weiß Steinmeyer. Reinen Schafwoll-Produkten haftet zudem das Image an, Brutstätte für Motten oder alternativ so stark mit chemischen Motten-Schutzmitteln ausgerüstet zu sein, dass von dem ursprünglich ökologischen Bodenbelag Gesundheitsbelastungen ausgehen.

„ÖkoPlus-Händler arbeiten hier aber mit Herstellern zusammen, die komplett chemiefreie Ware anbieten. Wenn baubiologisch im Haus nichts falsch gemacht wurde und der Einsatzbereich trocken und hell ist, spricht nichts gegen den Einsatz unbehandelter Schafwollprodukte.“


Unbehandelte Schafwolle des SchurwollteppichsFoto: greenline Die reine, unbehandelte Schafwolle des Schurwollteppichs „Rhodos“ eignet sich auch für Flure und Treppen.


Für Auslegeware wird Schafwolle oder auch eine Schafwoll-Ziegenhaar-Kombination mit Naturlatex auf eine Trägerschicht aus Jute und Baumwolle verklebt. Lose Teppiche werden ohne Trägerschicht aus verwebter Schurwolle hergestellt.

„Die sind beidseitig nutzbar und sollten möglichst regelmäßig gewendet werden. Sie sind lange haltbar, von Natur aus Schmutz abweisend und wunderbar fußwarm“, so Steinmeyer. In einem Bereich habe Schafwolle allen anderen Naturprodukten etwas voraus: „Wo immer Schad­stof­fe in Wohnräumen gebunden werden müssen, sind Schafwollteppiche erste Wahl. Formaldehyd kann in Schafwolle so gebunden werden, dass es für die menschliche Gesundheit ungefährlich wird. Außerdem ist Schafwolle äußerst atmungsaktiv, kann große Mengen Feuchtigkeit speichern und reguliert so das Raumklima gut.“

Gitta Stahl

 

Weitere Informationen

Parkett- & Bodenzentrum Tomicic
Tel. 0 89/76 70 10-60
www.parkett-bodenzentrum.de

Parkett Galerie München GmbH
Tel. 0 89/55 27 55 26
www.parkettgaleriemuenchen.de

Ein Verzeichnis von weiteren Händlern finden Sie bei der

ÖkoPlus AG
Fachhandelsverbund für ökologisches Bauen und Wohnen
Tel. 0 69/70 79 30 13
www.oekoplus.de

Eine Broschüre zum Thema „Innenausbau mit nach­haltigen Rohstoffen“, Herausgeber: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR), können Sie voraussichtlich ab März 2016 unter https://mediathek.fnr.de/broschuren.html bestellen oder direkt herunterladen.

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