Wie smart ist mein Zuhause?
Hausautomation planen
Rollläden mit Motorantrieb, Bewegungsmelder für die Außenbeleuchtung, zeitgesteuerte Staubsaugerroboter oder intelligente Thermostate an den Heizkörpern: Komponenten für das „smarte“ Haus finden sich heute schon in vielen Eigenheimen. Ein echtes „Smart Home“ wird daraus aber erst, wenn die Funktionen über ein zentrales Hausautomationssystem vernetzt sind und dadurch intelligent gesteuert und geregelt werden können. Möglich ist heute bereits sehr viel, doch nicht alles, was geht, ist auch für jedermann sinnvoll.
Grafik: Somfy
Hausautomations- oder „Smart Home“-Systeme gibt es heute von einer Vielzahl von Anbietern, die aus ganz unterschiedlichen Produktbereichen kommen. Hersteller von Motorantrieben, Hausgeräte- und Gebäudetechnik-Unternehmen, Schalterhersteller, Telekommunikationsanbieter, Energieversorger und Anbieter von Sicherheitstechnik drängen in diesen wachsenden Markt.
Für Verbraucher ist es nicht ganz einfach, sich darin zurechtzufinden und die Lösungen herauszufiltern, die ihren Ansprüchen gerecht werden. Hausautomation ist vor allem für drei Bereiche im Haus sinnvoll und einsetzbar: Komfort, Energieeinsparung und Sicherheit.
Komfortabler leben
Typische Komfortfunktionen sind zum Beispiel verschiedene Beleuchtungsszenarien, die auf Knopfdruck abrufbar sind, die Kaffeemaschine, die am Morgen rechtzeitig zum Aufstehen startet oder der Heizkörperthermostat, der das Bad rechtzeitig auf angenehme Temperaturen bringt. Auch vernetztes Home-Entertainment fällt in diesen Bereich.
Energie einsparen und gezielter nutzen
Zum Thema Energieeinsparung gehören zum Beispiel die intelligente Heizungssteuerung oder Rollläden, die im Winter automatisch Wärmeverluste an den Fenstern verhindern. Eine wichtige Rolle dürften hier in Zukunft auch die „Smart Grids“, die geplanten intelligenten Stromnetze, spielen. Sie sollen es möglich machen, Stromverbraucher im Haus vor allem dann zu betreiben, wenn ein Überangebot an Strom aus Erneuerbaren Energien zur Verfügung steht.
So könnten etwa die beladene Waschmaschine und eine Wärmepumpenheizung laufen oder ein Elektrofahrzeug könnte geladen werden, wenn die Sonne scheint oder der Wind bläst und entsprechend billige Stromtarife im Netz verfügbar sind. Die dafür erforderlichen „intelligenten Stromzähler“ sind seit Jahren in Planung, doch bis heute gibt es den dafür notwendigen technischen Standard von der Bundesregierung nicht.
Sicher in den eigenen vier Wänden
Zur Sicherheit tragen zum Beispiel vernetzte Feuermelder, die zentrale Überwachung aller Fenster und Türen sowie Anwesenheitssimulationen bei. Auch eine Türüberwachung mit Gegensprechanlage und Kamera gehört dazu.
Foto: Deutsche Telekom
Wer die Hausautomation mit einer vollwertigen Alarmanlage verbinden möchte, der sollte auf einen nachgewiesenen hohen Sicherheitsstandard achten. Nicht alle Hausautomationssysteme, die auch Alarmkomponenten im Angebot haben, werden dem gerecht. Einen guten Hinweis auf geprüfte Sicherheit gibt das VdS-Zertifikat des Verbands der Schadenversicherer.
Ein weiterer Aspekt der Sicherheit sind Systeme, die älteren oder anderen Menschen mit körperlichen Einschränkungen dabei helfen, selbstbestimmter und gefahrloser in den eigenen vier Wänden zu leben. Dazu zählen Komfortfunktionen wie Rollladenantriebe, aber auch Sicherheitsfunktionen wie automatische Treppenhausbeleuchtung über Bewegungs- und Präsenzmelder, Überwachungssysteme, die es ermöglichen, dass alleinstehende hilfsbedürftige Menschen mit ihren Angehörigen bildlich und verbal in Kontakt treten können, oder Notruf- und Panikschalter mit Verbindung zu Hilfsorganisationen.
Foto: Somfy
Vernetzung: Kabel oder Funk
Zur Vernetzung im Haus gibt es verschiedene Techniken. Grundsätzlich unterscheidet man Systeme, die über fest verlegte Leitungen vernetzt sind, sogenannte BUS-Systeme, und solche, die ohne Leitungen über Funkverbindung arbeiten. Wer sich heute mit der Anschaffung eines Hausautomations- oder „Smart Home“-Systems beschäftigt, muss sich grundsätzlich zwischen kabelgebunden und kabellos entscheiden.
Foto: Bosch
Der Vorteil kabelgebundener Systeme ist ein hoher Sicherheitsstandard. Dem steht gegenüber, dass sie relativ aufwändig in der Installation sind und daher meist nur im Rahmen von Neubauten oder Grundsanierungen eingesetzt werden. Wesentlich einfacher ist die Installation funkgestützter Systeme, da hier für die Steuerung keine Leitungen eingebaut werden müssen.
Ein Grundproblem gibt es bei beiden Techniken: Noch hat sich weder bei leitungsgestützten noch bei funkgestützten Systemen ein verbindlicher Standard durchgesetzt. Je nach Anbieter ist man also mehr oder weniger auf Produkte und Funktionen aus einer Hand angewiesen.
Systeme wählen, die viele Hersteller nutzen
Bei den BUS-Systemen ist heute KNX am häufigsten zu finden. Hier kann man auf Produkte sehr vieler Hersteller zurückgreifen. Das ist besonders interessant, wenn man in Zukunft sicher sein will, dass sich nachträglich neue Komponenten und Funktionen einbauen lassen.
Etwas unübersichtlicher sieht es bei den Funksystemen aus. Hier gibt es eine ganze Reihe von Systemen parallel; auch KNX ist über Funk möglich. Zum Teil nutzen die Systeme das WLAN im Haus, zum Teil eigene Funkverbindungen.
Vor der Anschaffung empfiehlt es sich, kritisch zu hinterfragen, wie viele Hersteller ein bestimmtes System nutzen – denn nur von diesen Herstellern können dann Komponenten eingesetzt werden. Auf jeden Fall sollte ein Hausautomationssystem erweiterungsfähig sein, damit man weitere Funktionen jederzeit nachrüsten kann.
Zentrale Steuerung und Fernbedienung per Internet
Zu einem „Smart Home“-System gehört eine zentrale Steuereinheit, über die alle Funktionen zentral programmiert, geregelt und überwacht werden. Je nach Hersteller wird sie über ein Display am Gerät oder über Smartphone, Tablet oder PC bedient.
Fast alle Hersteller bieten heute zudem die Möglichkeit an, das System auch von unterwegs aus übers Internet zu regeln und zu überwachen, ebenfalls über Smartphone, Computer oder Tablet. Dazu muss die zentrale Steuerung im Haus mit dem Internet verbunden sein.
Foto: Telenot
Wenn sich das Haus im „Internet der Dinge“ (Erläuterung siehe Kasten) bewegt, gewinnt auch das Thema Datenschutz an Brisanz. Die Diskussion steckt hier noch in den Kinderschuhen.
Klar ist aber, dass Hersteller und Betreiber unter Umständen aus „Smart Home“-Daten Nutzerprofile generieren können, um zum Beispiel gezielte Werbung zu versenden. Auch ein Hackerangriff ist nicht auszuschließen. Im schlimmsten Fall könnten etwa Einbrecher Bewegungsprofile erstellen, um zu ermitteln, wann niemand zu Hause ist.
Funktionen mit Augenmaß auswählen
Fast alles im Haus lässt sich über Hausautomationssysteme steuern. Gut zu überlegen ist bei der Anschaffung eines „Smart Home“-Systems, welche Funktionen wirklich sinnvoll sind und tatsächlich genutzt werden und wie viel Handlungsautonomie man an das System abgeben möchte.
Wer ein Fan von technischen Spielereien ist, wird sicherlich mehr nutzen als jemand, der von der Hausautomation möglichst wenig mitbekommen möchte. Sinnvoll ist es, im Gespräch mit einem Fachmann die eigenen Erwartungen und Wünsche genauer zu definieren. Im Folgenden beschreiben wir typische Beispiele, wie sich Funktionen automatisieren lassen und welchen Nutzen sie haben.
- Rollläden, Markisen, Sonnenschutzsysteme: Öffnen und Schließen zeitgesteuert, über Wettersensoren oder Daten zu Sonnenauf- und -untergang, mehr Komfort, Energieeinsparung im Winter, Hitzeschutz im Sommer, bei Rollläden mehr Sicherheit durch Einbruchschutz.
- Heizung: Intelligente Einzelraumregelung per Zeitsteuerung oder ereignisabhängig, z.B. automatisch wärmer beim Nachhausekommen, Energieeinsparung, mehr Komfort.
- Beleuchtung: Zeitgesteuert, über Bewegungs- oder Präsenzmelder, mehr Komfort, mehr Sicherheit, z.B. bei Bewegungsmeldern außen.
- Garagentor: In der Regel über Fernbedienung, mehr Komfort, je nach System besserer Einbruchschutz.
- Haustür: Automatische Verriegelung bei jedem Verlassen des Hauses, schlüssellos: Nutzererkennung, z.B. über „Geofencing“ (Erläuterung siehe Kasten) mit dem Smartphone oder Fingerabdruckscanner, mehr Komfort, mehr Sicherheit.
- Fenster: Automatische Meldung beim Verlassen des Hauses, wenn noch ein Fenster geöffnet ist, automatisch schließende Dachfenster bei Regen.
- Fenster: Öffnungs- oder Glasbruchsensoren, die einen Einbruch melden, mehr Sicherheit.
- Vernetzte Rauchwarnmelder: Lösen nicht nur in einem betroffenen Raum Alarm aus, sondern in allen Räumen sowie zentral, parallel Warnmeldung aufs Smartphone möglich, mehr Sicherheit.
- Unterhaltungselektronik: Radio, TV, eigene Lieblingsmusik oder Streaming-Dienste von einem Gerät aus in mehreren Räumen nutzen, mehr Komfort.
- Garten: Automatische Bewässerung, z.B. über Wettersensoren oder aktuelle Wetterdaten, mehr Komfort.
- Haushaltsgeräte: Per App von unterwegs aus starten.
Foto: Somfy
Wirklich „smart“ sind vor allem Szenen oder Szenarien, bei denen verschiedene Funktionen intelligent verknüpft werden. Ein paar Beispiele sind nachfolgend aufgeführt:
- Szene „Aufwachen“: Morgens startet die Kaffeemaschine, die Rollläden öffnen sich, die Badtemperatur wird rechtzeitig angehoben, und der Lieblingssender im Radio startet.
- Szene „Terrasse“: Automatisch fährt die Markise aus, parallel wird die Terrasse illuminiert, es startet Musik, und wenn es zu kühl wird, startet ein Temperatursensor einen Heizstrahler.
- Szene „Urlaub“: Das Haus wird fest verschlossen, die Anlage meldet, ob alle Fenster geschlossen sind, die Alarmanlage startet, und während der Abwesenheit schaltet die Anlage zur Anwesenheitssimulation Lichter an und aus und öffnet und schließt Rollläden.
- Szene „Feuer“: Beim Ausbruch eines Brandes löst die Hausautomation Alarm im ganzen Haus aus. Parallel entriegelt sie alle Türen und öffnet die Rollläden an den Fenstern, um Fluchtwege freizugeben und der Feuerwehr schnellen Zugang zu gewähren.
Lexikon
Mit dem „Internet der Dinge“ sind die Geräte gemeint, die mit dem Internet verbunden sind und Informationen per Funk senden und empfangen und mit Updates aus dem Internet versorgt werden müssen, damit sie funktionieren.
„Geofencing“ ist ein Kunstwort aus „Geography“ (engl. für Geographie) und „fencing“ (engl. für einzäunen). Es ist eine Technik zur Ortung von Personen und Objekten. Verlassen oder betreten Personen ein festgelegtes Gebiet (dazu werden virtuelle Grenzen festgelegt), gibt es eine Meldung auf dem Smartphone bzw. benötigt man ein Passwort, um z.B. eine Haustür zu öffnen, die durch „Geofencing“ für Unbefugte verschlossen ist. |
Informationen ...
Verivox GmbH Vergleichsportal mit vielen Informationen rund ums Smart Home. Ratgeber zur Elektroausstattung von Gebäuden. Smart Home Welt Herstellerübergreifendes Informationsportal.
Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Über die Förderprogramme für „Altersgerechte Modernisierung“ können bestimmte „Smart Home“-Funktionen gefördert werden. |