Unter Dach und Fach
EnEV fordert Dachdämmung
Foto: djd/Climacell
Wärme steigt nach oben“ – ein gültiges physikalisches Gesetz und eine oftmals unerfreuliche Erkenntnis für Hausbesitzer. Bis zu 20 % Energie sollen durch das ungedämmte Dach „vernichtet“ werden, glaubt man den Berechnungen der Dämmstoffhersteller.
Durch ein mangelhaft wärmegedämmtes Dach, rechnet die Firma Isover vor, gehen pro Jahr über 12.000 Kilowattstunden (kWh) Energie verloren – bei einem gut abgedichteten Dach reduziert sich der Verlust schon auf 3000 kWh.
Alles geregelt
Die Energieeinsparverordnung (EnEV) schreibt eine Dachdämmung vor, wenn unter dem Dach neuer Wohnraum entsteht oder wenn das Dach über ausgebauten Dachräumen neu eingedeckt wird. Unabhängig davon müssen oberste Geschossdecken, deren Dachraum zugänglich, aber nicht begehbar ist, seit 2007 gedämmt sein. Das gilt beispielsweise für Dachräume, die nicht ausgebaut werden können. Bis Ende 2011 müssen auch begehbare oberste Geschossdecken gedämmt werden.
Aber keine Regel ohne Ausnahmen: Für selbst genutzte Ein- und Zweifamilienhäuser müssen diese Regelungen seit 2002 nur bei einem Eigentümerwechsel innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden.
Die oberste Geschossdecke
Im Dach lassen sich zum Glück auch dickere Dämmstoffe problemlos einsetzen, da sie das äußere Erscheinungsbild des Hauses nicht verändern. Gute Dämmung sieht man von außen nicht. Nach immer noch gültiger Empfehlung der Deutschen Energie-Agentur (dena) gehört auf die oberste Geschossdecke mindestens 12 cm Dämmstoff, bis zu 20 cm sind natürlich besser. Die Kosten erhöhen sich durch die dickere Dämmung nur unwesentlich, dafür lassen sich aber die Energiekosten deutlich senken. Das Institut für preisopitimierte energetische Gebäudemodernisierung (IpeG-Institut) errechnete, dass die wirtschaftlichste Dämmdicke sogar bei 36 cm liegt!
Foto: IpeG-Institut, Paderborn
Mit etwas Geschick lässt sich die Dämmung der obersten Geschossdecke auch selbst ausführen. Dafür wird der Dämmstoff entweder auf dem Dachboden ausgerollt oder als Schüttung aufgebracht. Wenn es sich nicht um eine massive Betondecke handelt und die Dämmung „begehbar“ sein soll, gehört unter den Dämmstoff eine diffusionsdichte Schicht, also eine luftdicht verklebte Dampfsperre.
Um den Dachboden dann begehen zu können, wird der Dämmstoff trittfest mit Span- oder OSB-Platten belegt. Bei OSB-Platten handelt es sich um Grobspanplatten (englisch: oriented strand bzw. structural board) aus Holzwerkstoffen, die aus langen, schlanken, ausgerichteten Spänen (strands) hergestellt werden.
Die Dämmhülse für den Dachboden
Um Fehler oder Unsicherheiten bei der Dämmung zu verhindern, bietet es sich jedoch an, mit einem Energieberater oder Bauphysiker die Deckenkonstruktion und die Art der Dämmung zu klären, wie z.B. mit dem Paderborner Dämmexperten und Inhaber des IpeG-Institutes, Arnold Drewer.
Foto: Unidek
Er hat eine eigene Geschossdecken-Dämmung mit einem guten Dämmwert entwickelt, die Dämmhülsen aus Pappe. Die Dämmhülse sieht aus wie kleine Abschnitte einer Teppichbodenrolle, die aufrecht stehend mit Zellulose gefüllt sind und als Ständerwerk für OSB-Platten dienen. Unter die Platten und zwischen die Hülsen wird Zellulosedämmstoff geblasen. „So hat man eine von Wärmebrücken befreite Konstruktion, die nicht mehr von oben zusammendrückt wird“, sagt Drewer überzeugt.
Sparrenpartner
Bei Schrägdächern kann man wählen – entweder die oberste Geschossdecke oder die Dachschrägen dämmen, je nachdem, ob und wie der Dachraum genutzt bzw. als Wohnraum ausgebaut werden soll. Bauphysikalisch sind die Aufsparrendämmung, beispielsweise bei der Erneuerung der Dacheindeckung, und die Zwischensparrendämmung von innen gleichwertig. Jedoch ist die Aufsparrendämmung oftmals teurer, aber leichter luftdicht zu installieren.
Bei der sogenannten Zwischensparrendämmung sollte immer so viel und so dick wie möglich gedämmt und die Sparrenhöhe voll ausgenutzt werden. Sind die Sparren zu kurz, um die geforderte Dämmstärke von 24 cm aufzunehmen, werden die Sparren „aufgedoppelt“, es wird also noch eine entsprechend dicke Holzlatte daraufgenagelt, um die Sparrentiefe zu erreichen.
„Über 30 cm Dämmstärke benötigt man, wenn man wirklich nachhaltig dämmen will und den Niedrigenergiehaus- oder Passivhausstandard bei bestehenden Immobilien erreichen will“, meint Dämmexperte Drewer. Dabei gibt es einen Vorteil: Was gegen Kälte hilft, schützt im Sommer auch vor Hitze.
Für eine Zwischensparrendämmung eignen sich Matten, flexible Platten, Klemmfilze oder Einblasdämmstoffe. Bei intakter Dachhaut und geplanter oder bestehender Innenverkleidung kann z.B. Zellulose durch Einblasöffnungen in den Sparrenzwischenraum eingeblasen werden. Alternativ können Dämmkeile oder Dämmmatten aus Mineralfaser in den Sparrenzwischenraum geschoben werden. Feste Platten sind eher für die Aufsparrendämmung geeignet.
Beim nachträglichen Dach-Ausbau kann der Rat eines Energieberaters oder Statikers nicht schaden. Wird zum Dämm-Material eine Unterkonstruktion mit Gipsplatten verbaut, kann die statische Sicherheit des Daches aufgebraucht sein, und manch altes Dach kommt durch die zusätzliche Last an seine Grenze. Besonders bei sehr alten Häusern kann das wichtig sein.
Neues aus dem Dämmlabor
Foto: IpeG-Institut, Paderborn
Forscher und Hersteller suchen daher nach neuen oder optimierten Systemen mit hoher Dämmleistung oder arbeiten an der Optimierung von konventionellen Dämm-Materialien mit entsprechend kleinen Wärmeleitwerten (Erläuterung siehe Kasten auf Seite 243). Denn, vereinfacht gesagt, je kleiner der Wert, desto besser ist die Dämmwirkung.
Hersteller wie Isover haben über Dämmstoffe in ihren Labors geforscht und die Produktion auf neue Produkte eingestellt. Ergebnis: Noch feinere Glasfäden, die noch stärker verdichtet werden, aus denen 5 cm dünne Glaswolldämmung mit einem Wärmeleitwert von 032 entsteht.
Inzwischen bieten viele Hersteller Möglichkeiten, auch mit erheblich dünneren Dämmstärken diesen hohen Dämmeffekt zu erreichen. „Ein Dämmstoff mit der Wärmeleitzahl 032, z.B. die Isover Integra UMP-032, bietet die Möglichkeit, mit geringen Dämmstoffdicken schon die Vorgaben der EnEV zu erfüllen“, sagt Arnold Drewer. Die kosten- und zeitintensive Aufdopplung beispielsweise bei der Dachinnendämmung entfällt dadurch. Das spart Zeit und Geld.
Graphit-Teilchen als Dämmung
Polystyrolplatten – eine der Handelsbezeichnungen lautet „Styropor“ – sind preiswert und haben einen hohen Dämmwert. Sie sind jedoch nicht unumstritten, weil sie auf Erdöl-Basis hergestellt werden.
Eine Weiterentwicklung des „Styropors“ aus den BASF-Labors mit Wärmeleitwert 032 ist „Neopor“. Das silbergraue Polystyrolgranulat enthält Graphit-Teilchen. Sie absorbieren die Wärmestrahlung. Das senkt den Wärmeverlust. Das neue Material dämmt bis zu 20 % besser als herkömmliches Polystyrol.
Eine Variation dieses Materials ist eine anthrazitfarbene Platte mit dem Markennamen Neowall – mit durchaus identischen Dämm-Eigenschaften.
Eine auffällige Kombination auf Basis der Grafitteilchen ist gefleckter Polystyrol-Hartschaum: die sogenannte Dalmatiner-Platte vom Hersteller Capatec. Der „Flach-Dalmatiner“ hat den Wärmeleitwert 032.
Grünes Gras
Relativ neu auf dem deutschen Markt und so gut wie nicht bekannt ist der ökologische Einblasdämmstoff Agricell auf der Basis von Wiesengras. Als Rohstoff wird ausschließlich Wiesengras von sogenannten „Stilllegungsflächen“ geerntet, ohne Zusatz von Chemikalien aufgeschlossen, gereinigt und getrocknet. „Recht preiswert und technisch sehr hochwertig“, meint Dämmexperte Arnold Drewer.
Luftdicht verpackt
Foto: IpeG-Institut, Paderborn
Sie sind luftdicht wie eine Kaffeepackung, die sogenannten VIPs oder Vakuum-Isolations-Paneele. In der Praxis kann man zehnmal bessere Dämmwerte bei gleicher Dämmstärke gegenüber konventionellen Dämmlösungen erreichen.
Sie werden dort eingesetzt, wo der Raumgewinn eine wichtige Rolle spielt. Vakuumpaneele empfehlen sich daher vor allem in Altbauten, wo ein energiesparender Wärmeschutz aus Platz- oder Denkmalschutzgründen bisher kaum realisierbar war.
VIPs sind aber teure und vor allem fertige Elemente. Sie lassen sich nicht vor Ort zuschneiden wie herkömmliche Dämmstoffe. Aber auch hier haben die Hersteller neue Produkte auf den Markt gebracht. Z.B. hat ISOVER seine VacuPad-007 Vakuum-Dämmstoffe für die Innendämmung, die Untersparren- und die Kellerdeckendämmung entwickelt.
Die Firma erklärt, auch weitere hocheffiziente, superflache Vakuumpaneele für schwierige Anwendungen auf den Markt gebracht zu haben: Das Laibungs-VacuPad Kontur LVP 007, nur rund 3 cm dick, mit einem 150 mm breiten, zuschneidbaren Styrodur-Rand für eine flexible Anpassung.
Flachdächer
Bei Flachdächern sind Dämmschicht und Dachhaut meist miteinander verbunden. Befindet sich zwischen oberster Geschossdecke und Dach ein zugänglicher Hohlraum, so kann dort eine zusätzliche Dämmschicht eingezogen werden. Beim Flachdach sind Dämmstoffstärken von 20 cm oder mehr ideal. Die Dämmung von Flachdächern sollten Sie grundsätzlich in die Hände von Fachleuten legen.
Auch neue Materialien benötigen Luft
Ist eine Unterdeckbahn vorhanden, kann das Material direkt ohne Hinterlüftung zwischen die Sparren gebracht werden. Bei alten Dächern, die noch sogenannte Pappdocken statt einer Unterdeckbahn haben, darf die Dämmung jedoch nicht direkt an die Pappe stoßen, sondern muss eine Hinterlüftung haben. Ansonsten entsteht an der Kontaktstelle zwischen Dämmung und Pappdocken Feuchtigkeit, die in die Dämmung eindringt. Und dann ist die Dämmwirkung schnell dahin.
In jedem Fall muss eine lückenlose und geeignete Dampfbremse jede Art von Dämmung auch von innen gegen Feuchtigkeit schützen, damit die Raumfeuchtigkeit nicht eindringen und kondensieren kann. Diese Dampfbremse muss untereinander und auch mit allen angrenzenden Bauteilen dauerhaft verklebt werden. Jede Unterbrechung der gedämmten Fläche ist eine Wärmebrücke, die bei hoch gedämmten Bauteilen ins Gewicht fällt.
Energieberater Drewer rät, eine Dampfbremse mit niedrigem sD-Wert zu wählen. Der sD-Wert steht für das Dampfdurchlässigkeitsverhalten der Folie. Ohne Kennzeichnung kann man nicht sicher sein, ob die Anforderungen erfüllt werden.
Die KfW-Bank fördert
Für die Dachdämmung eignet sich das Programm „Energieeffizient Sanieren“ (152) der KfW-Bank. Das Programm finanziert Dämmung, Heizungserneuerung, Fensteraustausch und Lüftungseinbau unter anderem auch als Einzelmaßnahmen wie Wärmedämmung der Dachflächen oder Wärmedämmung der Geschossdecken. Bei Wohneigentum, für das nach dem 01.01.1995 Bauantrag gestellt oder Bauanzeige erstattet wurde und bei Ferien- und Wochenendhäusern werden Maßnahmen zur Wärmedämmung nicht gefördert.
Der richtige U-WertDie Stärke der Dämmschicht richtet sich nach den Anforderungen der jeweils gültigen Energieeinsparverordnung (EnEv). Die legt mit dem sogenannten U-Wert fest, wie hoch der Wärmeverlust sein darf. Dieser Wert beschreibt den Wärmeverlust eines Bauteils pro Quadratmeter Bauteilfläche bei einer Temperaturdifferenz zwischen innen und außen von einem Grad Kelvin. Die Einheit des U-Wertes ist deshalb W/m²K (K = Kelvin). So erfüllt die Zahl 035 die Voraussetzungen für die Wärmeleitfähigkeit 0,035. Sommerlicher WärmeschutzDie Wärmedämmung soll nicht nur im Winter die Wärme einsperren, sondern sie auch im Sommer draußen halten. Die Arbeitsgruppe für zukunftsund anpassungsfähige Bauteile vom Fraunhofer Institut für Bauphysik in Stuttgart hat untersucht, wie die Dämmstoffe auf den sommerlichen Wärmeschutz reagieren. Mit Hilfe von Simulationsrechnungen wurden Dämmstoffe unter optimalen Bedingungen geprüft. Das Ergebnis: Bei allen Dämmstoffen ist der sommerliche Wärmeschutz gleich gut. Bei den heute eingesetzten großen Dämmstärken gibt es kaum Unterschiede. Sie liegen bei 0,6 bis maximal 1 °C. Wie sehr sich der Innenraum aufheizt, wird vielmehr von der nächtlichen Lüftung, der Lage und der Verschattung der Fenster beeinflusst, als von der Dämmung. Wurden die Fenster nicht verschattet, stiegen die Temperaturen im Test-Raum auf etwa 24 bis 25 °C, fiel aber die nächtliche Lüftung weg, wurden daraus über 30 °C. |
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