Wohnkomfort ist keine Frage des Alters
Jetzt mit staatlicher Hilfe Altbauten barrierefrei umbauen
Foto: BHW Bausparkasse, HANSE Haus
Für das wohnungssuchende junge Ehepaar mit seinem acht Monate alten Sohn schien die geräumige Altbauwohnung wie geschaffen: Sie bot laut Beschreibung eine gute Raumaufteilung und war ruhig gelegen. Doch die Besichtigung, zu der das Ehepaar mit Kinderwagen kam, war vorüber, bevor sie begonnen hatte. Die Haustür war nicht ebenerdig, sondern nur über drei Stufen zu erreichen, und in dem viergeschossigen Altbau gab es keinen Aufzug.
Wie sollte die Mutter mit dem Kinderwagen in die Wohnung im zweiten Stockwerk gelangen? Nicht nur jungen Eltern, auch älteren oder gehbehinderten Menschen machen Mehrfamilienhäuser ohne Aufzug zu schaffen. Und wer schleppt schon gerne eine Kiste mit Getränken in den zweiten oder dritten Stock?
Auch innerhalb von Wohnungen gibt es mehr Barrieren als man denkt: schmale Flure und Türöffnungen, schwergängige Fenster und Rollläden, kleine, enge Bäder. Selbst der Rand einer Duschtasse führt gerade bei älteren Menschen oft zu Stürzen und schweren Verletzungen.
Es gibt noch viel zu tun
Viele Mietwohnungen, die in den fünfziger oder sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts gebaut wurden, auch viele Eigenheime aus den Siebzigern, genügen bei Weitem nicht den heutigen Anforderungen an barrierearmes Wohnen. Nur 1 % der Wohnungen in Deutschland sind nach einer Studie des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) altersgerecht angepasst.
Foto: BHW Bausparkasse/Kaldewei
Barrierearmes Wohnen ist keine Frage des Alters, sondern komfortabel für alle Altersgruppen: für Eltern mit Kinderwagen, für Leute mit schwerem Gepäck, für ältere Menschen, für körperlich Behinderte. Bis 2020 müssen nach BFW-Angaben 800.000 Wohnungen in Deutschland altersgerecht umgebaut werden. Denn 86 % der „jungen“ Alten – die heute 50- bis 65-Jährigen – wollen so lange wie möglich in der eigenen Wohnung leben. Dies bedeutet: Bestehende Wohn-Barrieren müssen reduziert werden.
Finanzielle Förderung
Das Programm „Altersgerecht Umbauen“ der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) unterstützt den Wunsch nach mehr Lebensqualität in den (eigenen) vier Wänden. Haus- und Wohnungseigentümer, die bauliche Hemmnisse an und in ihren Immobilien beseitigen wollen, können zwischen zwei Varianten des Programms wählen:
- „Altersgerecht Umbauen – Kredit“
In dieser Programmvariante können je Wohneinheit bis zu 50.000 Euro bei einem jährlichen Effektivzinssatz ab 1,76 % (Stand: Juli 2010) über eine Bank oder Sparkasse beantragt werden. Eine abgeschlossene Einliegerwohnung in einem Einfamilienhaus gilt als eigenständige Wohneinheit, d.h. der Eigentümer kann für beide Wohneinheiten insgesamt 100.000 Euro beantragen. Die Darlehenslaufzeit kann bis zu 30 Jahre bei maximal fünf tilgungsfreien Anlaufjahren betragen.
- „Altersgerecht Umbauen – Investitionszuschuss“
In dieser Programmvariante können private Immobilienbesitzer, die für den altersgerechten Umbau keinen Kredit in Anspruch nehmen wollen, ab einer Investitionssumme von 6000 Euro einen Zuschuss von 5 % der förderfähigen Investitionskosten direkt bei der KfW beantragen. Der maximale Zuschuss je Wohneinheit beträgt 2500 Euro.
Wer kann Anträge stellen?
Antragsberechtigt sind alle Träger von Investitionsmaßnahmen an selbst genutzten oder vermieteten Wohngebäuden sowie Erwerber von neu altersgerecht sanierten Wohngebäuden. Neben privaten Eigentümern von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie von Eigentumswohnungen und Wohnungseigentümergemeinschaften sind auch Mieter (mit Zustimmung des Vermieters) antragsberechtigt. Darüber hinaus können auch Wohnungsunternehmen und -genossenschaften, Gemeinden, Kreise und Gemeindeverbände die Kreditvariante in Anspruch nehmen.
Foto: KfW-Infodienst
Der alternative Investitionszuschuss kann nur von Privatpersonen beantragt werden. Alle Umbaumaßnahmen müssen von Fachunternehmen durchgeführt werden; so profitieren auch regionale Handwerksbetriebe von dem seit 1. Juli 2010 eigenständigen KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“.
Altersgerechtes Umbauen kommt an
Bereits im ersten Jahr seit Einführung des Programms „Altersgerecht Umbauen“ hat die KfW insgesamt fast 2800 Kredite über knapp 260 Millionen Euro zugesagt. Damit konnten rund 23.300 Wohneinheiten altersgerecht saniert werden. Bislang haben mit 88 % überwiegend Privatpersonen einen Kredit in Anspruch genommen. Die meisten Darlehensnehmer nutzen die Mittel, um Barrieren im Bad zu reduzieren.
Im Folgenden stellen wir Ihnen zwei Beispiele für den barrierearmen Umbau von Altbauten vor, die von der KfW gefördert wurden:
„Investition in die Zukunft“
Die hölzerne Wendeltreppe, einziger Zugang ins Obergeschoss, veranlasste Armin Germann letztlich zu einem altersgerechten Umbau seines vor gut zehn Jahren gekauften Hauses: „Sie war ein Blickfang, aber vollkommen unpraktisch. Ich konnte nicht einmal einen Wäschekorb quer hochtragen.“
Ohnehin schon mit der energetischen Sanierung seiner Immobilie auf den Standard eines KfW-Effizienzhauses 70 befasst, entschloss sich der selbstständige Vermögensberater, auch bei der Barrierereduzierung Nägel mit Köpfen zu machen. Das im April 2009 aufgelegte KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“ machte ihm die Entscheidung dafür noch leichter.
„Für mich und meine Frau war dies eine Investition in die Zukunft, man muss früher an später denken“, sagt der 50-Jährige. „Mit 65 will ich keine neue Baustelle mehr im Haus haben.“
Foto: KfW-Infodienst
Germann nahm für sein Haus mit Einliegerwohnung ein KfW-Darlehen von 60.000 Euro für altersgerechtes Umbauen in Anspruch, investierte de facto aber erheblich mehr. Eine flache Rampe führt jetzt vom Bürgersteig zur Eingangstür. Im Inneren des Hauses wurden alle Türöffnungen auf rollstuhlgerechte 101 cm verbreitert.
Das Bad wurde komplett umgestaltet, der Zugang zu der geräumigen, türlosen Dusche ist schwellenfrei. Über sieben Monate erstreckten sich die umfangreichen Umbaumaßnahmen, während derer Armin Germann und seine Frau in der Einliegerwohnung lebten. Ihre Belohnung: „Unser Haus ist jetzt in jeder Hinsicht auf dem neuesten Stand.“
Ein Altbau fürs Alter
Als Carolina Wodtke und ihr Mann das 1883 erbaute, dreistöckige Haus im Frankfurter Nordend kauften, war es „ein Sanierungsfall“. Und es stand unter Denkmalschutz.
Indes ließen sich die beiden Rechtsanwälte davon nicht abschrecken, denn der Altbau hatte drei Wohnungen. „Wir wollten das Haus als unseren Alterssitz“, sagt die 43-Jährige, „und es bietet genug Platz, sollten unsere Eltern eines Tages nicht mehr eigenständig leben können.“
Foto: KfW-Infodienst
Wodtke und ihr Mann machten Nägel mit Köpfen, wobei sich das Denkmalamt „vernünftig und kooperativ“ zeigte. Die Fenster wurden teilweise erneuert, Kellerboden und Dach gedämmt, für Wärme sorgt eine hochmoderne Gasbrennwerttherme.
Foto: KfW-Infodienst
Das über 120 Jahre alte Haus barrierearm umzubauen, war eine besondere Herausforderung. Etliche Zwischenwände wurden entfernt, um Wendefläche zu schaffen. Für die zweiflügelige Tür, die jetzt von dem einst engen Flur ins Wohnzimmer führt, musste eine Wand durchbrochen werden.
Foto: KfW-Infodienst
Konstruktiv aufwändig: der rollstuhlgerechte Aufzug, der vom Keller bis ins zweite Stockwerk führt und von der Statik des Hauses entkoppelt wurde. „Das war nicht so einfach, wie wir als technische Laien uns dies vorgestellt hatten“, berichtet Carolina Wodtke. Der Aufzug kostete denn auch dreimal mehr als veranschlagt.
Das Bad in der zweiten Etage ist vollständig barrierefrei, die türlose Dusche bequem zugänglich, der Waschtisch unterfahrbar. Wo immer Bodenschwellen waren – jetzt gibt es sie nicht mehr: „Das ganze Haus ist schwellenlos.“
Die Förderhöchstbeträge von drei KfW-Programmen („Wohnraum Modernisieren“, „Energieeffizient Sanieren“ und „Altersgerecht Umbauen“) hat das Anwaltsehepaar für den zehn Monate dauernden Umbau in Anspruch genommen, letztendlich aber deutlich mehr investiert. „Für uns war nicht allein der günstige Zinssatz ausschlaggebend, sondern die Flexibilität der Programme bei der Darlehensrückzahlung“, erklärt Carolina Wodtke. Zusammen mit ihrem Mann hat sie ein anspruchsvolles Vorhaben verwirklicht und mit Unterstützung der KfW einen denkmalgeschützten, sanierungsbedürftigen Altbau in ein modernes, barrierearmes Mehrgenerationenhaus verwandelt.
KfW-Infodienst
Tipp
Das Programm „Altersgerecht Umbauen“ kann auch mit anderen Förderprogrammen der KfW kombiniert werden, beispielsweise mit den Programmen zur energetischen Gebäudesanierung.
Weitere InformationenAltersgerecht Umbauen: das fördert die KfWFörderfähig sind unter anderem
Die 17 Förderbausteine können einzeln oder in Kombination mit anderen Bausteinen umgesetzt werden. Ziel aller Umbaumaßnahmen ist die Verbesserung der Wohnqualität und das Anpassen des Wohnungsbestandes an die Anforderungen der Zukunft.
|
Adressen für weitere Informationen
Die Experten der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beantworten Fragen rund um das Förderprogramm „Altersgerecht Umbauen“.
Die Beratungsstelle Wohnen ist einer von 20 Standorten bundesweit im Modellvorhaben „Altersgerecht Umbauen“ in dem vom Bundesbauministerium geförderten KfW-Programm. Sie berät in München Mitglieder des Eigenheimerverbandes Bayern in Fragen des altersgerechten Umbaus. Aber auch in vielen anderen Regionen Bayerns gibt es Wohnberatungsstellen, die zu Fragen des altersgerechten Umbaus beraten. Die Adressen können Sie im Internet unter www.beratungsstelle-wohnen.de > Downloads > Fachstelle ‘Wohnberatung in Bayern’ > Wohnberatungsstellen (Stand: September 2008) herunterladen. |
Literaturtipp
Kreuz, Dieter und Reindl, Bernhard: „Wohnen im Alter – Wegweiser auch für Angehörige“.
DIN Ratgeber. 144 Seiten. Preis: 14,80 Euro. Beuth Verlag, Berlin. ISBN 978-3-410-17467-7. Wer in puncto Wohnraum, Wohnausstattung, Betreuung, Hilfe und Pflege vorausschauend plant, hat den Grundstein für ein sorgenfreies Leben im Alter gelegt. Dabei hilft dieser DIN-Ratgeber: Er informiert über verschiedene Wohnformen und stellt dar, wie eine altersgerechte und sichere Wohnumgebung aussehen kann. Die Autoren zeigen außerdem auf, was bei der häuslichen Pflege oder bei Abschluss eines Heimvertrags zu beachten ist. Checklisten, Experten-Tipps, Adressen und Web-Sites sowie Begriffserklärungen und Verweise auf DIN-Normen runden den Wegweiser ab. |