Pilze von der Fensterbank

Von Samthaube bis Zitronenseitling

Pilze von der FensterbankFoto: FotoHelin/Adobe Stock

Jeder, der im Supermarkt schon mal Edelpilze wie Shiitake, Austern- oder Kräuterseitlinge gekauft hat, weiß, dass diese mitunter einen stolzen Preis haben können. Warum also nicht einfach selbst anbauen? Dafür benötigen Sie nicht einmal Ihren Garten. Denn dank Fertig-Kultursets ist das auch auf der Fensterbank möglich und viel leichter, als man zunächst vermuten würde.

Fertig-Sets für Anfänger

Wenn Sie das erste Mal zu Hause Pilze anbauen wollen, kaufen Sie am besten ein fertiges Kulturset. Es besteht aus einem geeigneten Substrat, das bereits mit dem Pilz­myzel durchwachsen ist. Die Vorteile liegen hierbei klar auf der Hand. Bis auf gelegentliches Wässern, damit das Substrat gleichmäßig feucht bleibt, müssen Sie sich um nichts weiter kümmern, und Sie können bereits nach kurzer Zeit mit der ersten Ernte rechnen.

Alternativ ist es natürlich auch möglich, nur das Myzel z.B. als sogenannte Körnerbrut (Getreidekörner, mit Pilz beimpft) zu kaufen und das Substrat selbst zu mischen. Dieser Weg erfordert allerdings einiges an Erfahrung. So muss das Substrat etwa unter absolut sterilen Bedingungen hergestellt werden, denn andernfalls könnten sich schnell Bakterien oder Schimmelpilze ansiedeln und die Pilzkultur schon vor der ersten Ernte zunichtemachen.

Pilz, Myzel, was?

Vor Beginn der eigenen Pilzkultur ist es ganz interessant, sich einmal ein wenig mit dem Reich der Pilze zu beschäftigen. So wurden die Pilze (Fungi) etwa lange zu den Pflanzen gerechnet, mittlerweile bilden sie neben Tieren und Pflanzen jedoch das dritte große Reich von Lebewesen.

Bei dem, was landläufig als „Pilz“ bezeichnet wird, handelt es sich nur um die Fruchtkörper (Hyphen). Denn der eigentliche Pilz besteht aus dem Myzel. Dabei handelt es sich um ein wurzelartiges Geflecht im Boden, das nicht nur die Fruchtkörper mit Nährstoffen versorgt, sondern auch der Ausbreitung dient. Während das Myzel auch in sauerstoffarmer Umgebung wachsen kann, werden die Fruchtkörper nur bei guter Sauerstoffversorgung gebildet.

 

Für ein gutes Wachstum

Das beste Kulturset nützt natürlich nichts, wenn die Wachstumsbedingungen nicht stimmen. Die fertigen Kultursets enthalten auch immer eine Anleitung, welche Bedingungen die jeweilige Art benötigt. Grundsätzlich lässt sich jedoch sagen, dass Pilze zwar nur wenig Licht benötigen, dafür jedoch eine hohe Luftfeuchtigkeit von mindestens 70 % und eine konstante Temperatur von ca. 10–20 °C, manche auch bis 25 °C. Aus diesem Grund eignen sich besonders Badezimmer und Küche für die Kultur. Ist das bei Ihnen nicht möglich, empfiehlt sich der Einsatz eines kleinen Zimmergewächshauses.

Ernten und aufbewahren

Gehen Sie bei der Ernte Ihrer Pilze behutsam vor, damit die Kultur weiterwachsen kann. Benutzen Sie dafür entweder ein scharfes Messer, das Sie vorher gründlich desinfizieren, oder drehen Sie die Fruchtkörper vorsichtig aus dem Substrat heraus. Achten Sie in beiden Fällen darauf, dass möglichst wenig von den Stielen stehen bleibt.

Nachdem Sie alle Fruchtkörper abgeerntet haben, setzt je nach Kultur eine kurze Ruhephase ein. Anschließend sollten sich wieder neue Fruchtkörper bilden. Nach vier bis fünf Erntephasen ist das Substrat allerdings so ausgelaugt, dass keine nennenswerte Ernte mehr zu erwarten ist. Dann entfernen Sie einfach die Umverpackung und entsorgen das Substrat im Biomüll oder auf dem Kompost.

Sollten Sie bei einem Erntegang so viele Pilze geerntet haben, dass Sie nicht alle auf einmal verwerten können, ist durchaus eine kurze Aufbewahrung möglich. Frisch geerntet halten sie im Kühlschrank etwa vier bis fünf Tage.

Alternativ können Sie die Pilze auch einfrieren oder z.B. im Backofen trocknen. Schneiden Sie dafür dünne Scheiben und trocknen Sie sie bei maximal 50 °C so lange, bis keine Feuchtigkeit mehr enthalten ist. In Schraubgläser gefüllt, lassen sie sich so mehrere Monate aufbewahren, und Sie haben noch lange etwas von Ihrer Pilzernte.

SchmackhafteArten für die Heimkultur

AusternseitlingFoto: sathit/Adobe StockAusternseitling
(Pleurotus ostreatus)

Der Austernseitling hat einen angenehm kräftigen Geschmack, der ein wenig an Kalbfleisch erinnert. Die Fruchtkörper bestehen aus einem großen, muschelförmigen Hut (daher auch der Name) mit einem Durchmesser von bis zu 20 cm. Die Farbe variiert von hellbeige über grau bis braun. Es gibt zwei verschiedene Stämme. Der heimische bildet Fruchtkörper erst bei Tem­pe­ra­tu­ren von unter 10 °C und wird daher auch als Winterausternseitling be­zeich­net. Der zweite stammt aus Florida und wird Sommerausternseitling genannt. Er benötigt keine niedrigen Temperaturen und eignet sich daher gut für die Zimmerkultur.
 



ShiitakeFoto: Julia/Adobe StockShiitake
(Lentinula edodes)

In der ostasiatischen Küche hat der Shiitake aufgrund seines besonders aromatischen und leicht knoblauchartigen Geschmacks bereits seit vielen Jahrhunderten einen festen Platz. Er hat einen kurzen Stiel und einen runden, hell- bis dunkelbraunen, ge­­schuppten Hut, der etwa 5–12 cm groß wird. Sein Fleisch ist fest und saftig und zeigt eine weiße bis bräunliche Färbung. Alle Teile des Pilzes sind verwendbar.
 



SamthaubeFoto: roberto/Adobe StockSamthaube
(Agrocybe aegerita)

Die Samthaube wird im Handel häufig auch als Pioppino be­zeich­net. Unter Pilzkennern gilt sie als Delikatesse, denn ge­schmack­lich zeichnet sie sich durch ein intensives Waldaro­ma mit Nuancen von Esskastanien aus. Der Hut hat einen Durch­mes­ser von etwa 5–10 cm und der Stiel eine Länge von 5–12 cm. Das weiße, an der Basis leicht bräunliche Fleisch ist sehr fest und bleibt auch nach der Zubereitung noch an­ge­nehm bissfest.
 



RosenseitlingFoto: Picture Partners/Adobe StockRosenseitling
(Pleurotus djamor)

Der Rosenseitling stammt ur­sprüng­lich aus den tropischen bis subtropischen Regionen Südamerikas und Asiens. Aufgrund seiner einzigartigen Farbe und seines besonderen Geschmacks (erinnert an Speck) ist er ein beliebter Kulturpilz. Wegen seiner rosa Färbung wird er gelegentlich auch Flamingopilz genannt. Die Hüte sind flach oder trom­pe­ten­för­mig nach oben gewölbt und haben einen leicht gewellten Rand. Sie können bis zu 10 cm breit werden.
 



KräuterseitlingFoto: WIROT/Adobe StockKräuterseitling
(Pleurotus eryngii)

Der Kräuterseitling hat einen würzig nussigen Geschmack. Innerhalb der Seitlinge ist er eine echte Ausnahme, denn im Vergleich zu seinen Verwandten wächst er nicht an ab­ge­stor­be­nem Holz, sondern an den Wur­zeln von Doldenblütlern. Durch diese Lebensweise erhielt der Kräuterseitling auch seinen Namen. Sowohl sein Hut als auch sein Stiel haben ein festes Fleisch, das auch beim Garen bissfest bleibt. Die leicht bräunlichen Hüte erreichen einen Durchmesser von etwa 3–10 cm, die Stiele eine Länge von 10–20 cm.
 



ZitronenseitlingFoto: luchschenF/Adobe StockZitronenseitling
(Pleurotus citrinopileatus)

Der Zitronenseitling ist häufig auch unter dem Namen Li­mo­nen­seit­ling zu finden. Er ist eine Unterart des Austernseitlings und eng mit ihm verwandt. Dafür unterscheidet er sich jedoch in Geschmack und Aussehen deutlich vom Austernseitling. Er zeichnet sich durch ein fruch­ti­ges und leicht säuerliches Aroma aus. Erhitzt man ihn, verändert sich das Zitronengelb in ein Beigebraun. Ebenso wie andere Seitlingsarten kann er auch roh verzehrt werden.

 

Gerrit Viets
Verlag W. Wächter

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