Von der Hand in den Mund: Naschobst im Garten

Die Vorstellungen, die sich mit dem Stichwort „Obst im Garten“ verbinden, haben sich deutlich gewandelt. Kaum jemand denkt dabei noch an umfangreiche Bevorratung, an stun­den­lan­ges Ernten und Einmachen.


Mehrmals tragende ErdbeersortenFotos: Buchter-Weisbrodt Mehrmals tragende Erdbeersorten liefern Früchte von Juni bis Frostbeginn. Sie sind auch gut für die Kultur im Balkonkasten oder Kübel geeignet.


Gefragt ist Naschobst, also Arten und Sorten in möglichst großer Vielfalt, aber als Einzelexemplare. Sie sollen einen hohen Zierwert haben, pflegeleicht sein und über einen langen Zeitraum Früch­te lie­fern, die sich beim Gang durch den Garten naschen oder für einen Kuchen verwerten lassen.

Ein pflegeleichter Obst­gar­ten, der die ganze Saison über nicht nur gesunde Früchte bringt, sondern auch einen hohen Zierwert hat, lässt sich nur auf eine Weise verwirklichen: mit robusten Sorten am jeweils für sie richtigen Stand­ort. Je nach Obstart kommen dann noch entsprechende Pflegeschrit­te dazu.

Einige Obstarten benötigen nach den ersten zwei bis drei Jahren keinerlei Pflege mehr, andere gedeihen nicht ohne fundiertes Fach­wissen und entsprechend umfassende Maß­nah­men. Zur ersten Gruppe zählen Quitte, Haselnuss, Walnuss und Marone, etwas aufwändiger sind Sauerkirsche, Süß­kirsche, die Pflaumenarten, Johannisbeere und Heidelbeere. Ap­fel, Birne, Aprikose, Pfirsich, Stachelbeere, Himbeere und Brombeere verlangen dagegen eine kundige und arbeitswillige Gärtnerhand.

 

Vorgaben zur Auswahl

Die Auswahl der Obstgehölze wird stark vom Klima und von den Bodenbedingungen bestimmt. Fast alle Arten bevorzugen humose und vor allem luftdurchlässige Bö­den im schwach sauren bis neutralen Bereich.

Frühblüher wie Birnen und Pflaumen haben in Spätfrostzonen oft Ernteausfälle. Tiefe Wintertemperaturen sind für wärmeliebende Arten wie Walnuss, Tafeltraube, Quitte, Pfirsich, Aprikose, Kiwi und Brombeere kritisch. Es gibt allerdings bei nahezu allen Arten spezielle Sorten, die besonders kälteverträglich sind.

Auch die Größe des Gartens spielt bei der Pflanzenwahl eine Rolle. Ein Obsthochstamm kann bei entsprechenden Platzverhältnissen das ganze Jahr über besondere Akzente setzen. Ein großer Apfelbaum bietet einen imposan­ten Anblick, dient aber auch als Schattenspender und Schau­kel­trä­ger.

Im kleinen Garten reicht der Platz meist nur für klein bleibende Spin­del­bäu­me. Grundsätzlich gilt jedoch: Je schwächer der Wuchs, desto höher sind die Ansprüche an den Boden und die sachgerechte Pflege.

 

Fortwährend ernten

Wer um die Vielfalt der im Garten möglichen Obstarten und mehr noch um die breite Palette an Sorten weiß, kann vom Frühjahr bis zum Frostbeginn laufend frisches Obst ernten. Selbst im kleinen Garten ist es möglich, immer etwas reifes Obst zum Naschen vor­zufinden, auch wenn Erntemengen zur Bevorratung hier kaum machbar sind.

Tafeltraubensorte ‘Muscat bleu’ Die sehr robuste Ta­fel­trau­ben­sor­te ‘Muscat bleu’ braucht keinerlei Pflanzenschutz. Die ersten Früchte liefern Erdbeeren, die schon Mitte Mai reifen. Mit entsprechenden Sorten und Kulturmaßnahmen lassen sich bis Oktober fortwährend Erdbeeren ernten.
Frühe Himbeer- und Johannis­beer­sorten tragen ab Anfang Juni. Spä­te Johannisbeeren reifen bis Anfang September, Herbsthimbeeren und Minikiwis laden noch weit im November zum Naschen ein, sofern kein Frühfrost dem Ge­nuss vorzeitig ein Ende setzt.

Auch bei Äpfeln und Birnen dauern die Reifezeiten von Mitte Juli bis Ende Oktober, reife Pflaumen gibt es von Anfang Juli bis Mitte Oktober. Und bei Tafeltrauben er­streckt sich die Erntespanne von Ende Juli bis Ende Oktober.

 

Baum- oder Beerenobst

Rote und Weiße Johan­nisbeersorten Hier isst das Auge mit: Einen schö­nen Kontrast bilden Rote und Weiße Johan­nisbeersorten. Baumobst wie Apfel, Birne, Quitte, Pflaume, Kirsche oder Pfirsich benötigt eine ge­schul­te und willige Gärtnerhand: Es ist auf­wän­dig in der Pflege, da ein regelmäßiger fachkundiger Schnitt erforderlich ist und zahlreiche Krank­heiten und Schädlinge vorkommen.

Einfacher ist es, mit Beerenobst einen Naschgarten zu un­ter­hal­ten, der attraktiv aussieht und zu­gleich fortwährend Pflück­ba­res bietet. Bei geschickter Sortenwahl und mit einigen gezielten Kul­tur­maß­nah­men reifen Erdbeeren von Mitte Mai bis Mitte Oktober, Him­beeren von Anfang Juni bis in den November hinein und Jo­han­nis­bee­ren von Mitte Juni bis Anfang September.

 

Pflanzenschutz im Vorfeld

Bei den meisten Beerenarten sind leider immer noch viele Sorten im Handel, die ohne gezielte Spritzungen keinen Ertrag bringen, den Zierwert verlieren und sogar absterben können. Dies lässt sich im Vorfeld ganz einfach vermeiden: kon­se­quent nur robuste Sor­ten pflanzen.

Himbeeren verlieren in wenigen Jahren ihre Vitalität, sofern es sich nicht um Sorten handelt, die eine genetisch bedingte Widerstandsfähigkeit gegen Mosaikviren haben. Die Krankheit wird von den allgegenwärtigen Blattläusen über­tragen und ruft in wenigen Jahren rasch fortschreitende Degeneration hervor. Die bekannte Sorte ‘Schönemann’ ist hoch anfällig – im Gegensatz zur schmack­haften und ertragreichen Resistenzzüchtung ‘Meeker’.

Wer nicht viel Zeit in die Pflege investieren will, findet in der Herbsthimbeere eine ideale Obst­art. Herbsthimbeeren tragen an den einjährigen Ruten, also den Trieben, die im Frühjahr aufwachsen. Ausschneiden, aufbinden, das lästige Gewirr von ein- und zweijährigen Ruten wie bei Sommerhimbeeren entfällt.

Nach Ernteende – je nach Region bzw. Frostbeginn Mitte Oktober bis Anfang Dezember – werden alle Ruten bodeneben abgeschnitten. Am meisten verbreitet ist die robuste Sorte ‘Autumn Bliss’, besonders aromatisch schmeckt ‘Himbo Top’.

Allerdings sollten Sie in Gebieten, in denen die Kirschessigfliege vor­kommt, vorerst nur Sommerhimbeeren anbauen. Ihre Ernte ist ab­geschlossen, ehe die ersten Schad­insekten auftreten. (Näheres zur Kirschessigfliege lesen Sie in der Novemberausgabe 2014, S. 407.)

Jostasorte ‘Jonova’ Nur ausgewiesene Jostasorten wie ‘Jonova’ liefern gute Erträge. Bei Stachelbeeren ist es genauso verhängnisvoll wie bei Tafeltrauben, wenn keine pilzfeste Sorte ge­pflanzt wird. Ohne sechs- bis zehnmaliges Spritzen würden die Pflanzen dem Pilzbefall erliegen. Bei Stachelbeeren bleiben ‘Invicta’, ‘Remarka’ und ‘Reflamba’ pilzfrei.

Bei Hausreben sollte man ‘Muscat bleu’ oder die samenlose, gelb­schalige ‘Romulus’ pflanzen. Josta, die Kreuzung aus Schwarzer Jo­han­nis­bee­re und Stachelbeere, trägt kaum Früchte, wenn man nicht darauf achtet, dass es sich um ausgewiesene Sorten handelt: entweder die seit 20 Jahren bewährten ‘Jogranda’ und ‘Jostine’ oder die erst seit wenigen Jahren im Handel erhältliche ‘Jonova’.

 

Langlebige Pflanzen

Bei fast allen Obstarten für den Garten handelt es sich um langlebige Kulturen. Sorte und Qualität der Pflanze bestimmen Pflege­aufwand, Ertrag, Gesundheit und Langlebigkeit des Gehölzes. Es lohnt sich also, in zer­ti­fi­zier­ten Obstbaumschulen einzukaufen.

Den besten Pflanzenschutz bieten Sorten, die von Natur aus gegen die wichtigsten Schaderreger widerstandsfähig sind. Sie bleiben anhaltend gesund, sofern sonst nichts die Pflanze stresst – etwa falsche Bo­den­be­schaf­fen­heit oder zu viel Dünger.

 

Beerenhecken

Johannisbeeren lassen sich besonders leicht als gut 2 m hohe Hecken ziehen – ein attraktiver Sicht­schutz oder Raumteiler. Die Jung­pflanzen werden dann am Drahtgerüst ein- oder zweitriebig erzogen. Wer einen traditionellen Strauch erziehen will, muss die Jungpflanze recht tief setzen. Ist der Strauch vier Jahre alt, werden jedes Jahr die vier ältesten Äste bodeneben entfernt und bis auf vier alle Neutriebe weggeschnitten.

Bei Schwarzen Johannisbeeren sind alle alten Sorten krankheitsanfällig. Als äußerst robust haben sich ‘Titania’, ‘Ometa’ und ‘Fertöder’ erwiesen. Bei Roten Johannisbeeren haben sich ‘Jonkheer van Tets’ (früh), ‘Rolan’ (mittel) und ‘Rovada’ (spät reif) bewährt. Wer das Besondere sucht, kann die weißen Sorten ‘Primus’ und ‘Blan­ka’ oder die rosaroten ‘Rosa Sport’ und ‘Rosalinn’ pflanzen.

Brombeeren ergeben hübsche He­cken. Die geschmacklich unübertroffene, leider extrem stachelige Sorte ‘Theodor Reimers’ ist ein „Muss“, wenn die Frucht intensiv nach Brombeere schmecken soll.

Einfacher lassen sich stachellose Sorten kultivieren. Zu den ertragreichsten und ge­schmack­lich noch am ehesten an Brombeeren erinnernden Sorten zählt ‘Chester Thornless’, die mit ihren auffallend großen, rosaroten Blüten auch ei­ne richtige Gartenschönheit ist.

Die weit verbreitete Sorte ‘Loch Ness’ wächst nur auf besten Böden üppig. Interessant ist auch die wie Himbeeren aufrecht wachsende stachellose Brombeersorte ‘Navaho’. Mit der richtigen Schnitt­technik (gezieltes Anschneiden der Seitentriebe) lassen sich hier große, vergleichsweise aromatische Beeren ernten.

 

Naschobst auf dem Balkon

Ähnlich gut wie Zierstauden und Balkonblumen lassen sich nahezu alle Obstarten im Kübel kultivieren. Manche benötigen im Win­ter eine Schutzmatte um den Con­tainer, und sie sind auch pflegebedürftiger als im Garten, aber fast alle sind genauso zierend wie die nicht verwertbaren Zierarten.

Die gewählten Sorten müssen resistent sein, da sich Krankheitsbefall im Kübel stärker auswirkt und auch der Zierwert rasch verloren geht. Ganz einfach zu kultivieren sind Erdbeeren, aber auch Himbeeren, Heidelbeeren, Preiselbeeren und selbst Johannisbeeren halten lange durch.

Birne im Kübel kultivieren Wenn Sie Obstarten wie Birne im Kübel kultivieren wollen, müssen die Pflanzen auf einer sehr schwach wachsenden Unterlage veredelt sein. Wählt man win­ter­frost­empfind­li­che Arten wie Granatapfel, Zitrusarten, Kaki oder Olive, benötigt man einen Raum, in dem die Kübel frostfrei über­win­tern können. Bei Obstarten wie Apfel, Birne, Quitte, Pflaume oder Kirsche ist eine sehr schwach­wach­sen­de Un­ter­la­ge un­ab­ding­bar, zudem fach­kundiger Schnitt und vielfach ein zweiter Befruchter – man sollte auch keine zu hohen Erwartungen an die Le­bens­dauer stellen: Zehn Jahre sind schon viel.

Wichtig sind ein gutes Substrat, Was­ser­ab­zug sowie gleich­mä­ßi­ges Gießen und Düngen. Gießen sollte man mit Re­gen­was­ser – har­tes Leitungswasser lässt sich mit Essig enthärten. Dies ist besonders bei Beerenobst wich­tig, das auf kalkreiches Gieß­was­ser besonders rasch mit Chlorosen rea­giert. Auch wenn der Wasserbedarf höher ist, sollten Obstgehölze nur im Tontopf stehen, da ihre Wur­zeln auf gute Luftversorgung angewiesen sind – dies gewährleisten Kunst­stoff­be­häl­ter weniger.

Dr. Helga Buchter-Weisbrodt

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