Von Wirsching bis ‘Bamberger Hörnla‘

„Wirsching“Foto: Scheu-Helgert „Wirsching“ ist ein für Bamberg typisches Gemüse.

Weil Handwagen und Ochsenkarren nur kurze Transportstrecken er­mög­lich­ten, mussten die Märkte mittelalterlicher Städte immer aus dem un­mit­tel­ba­ren Umland beliefert werden. Bis heute liegen in der Nähe von München der Raum Ismaning und Feldmo­ching, bei Nürnberg das Knoblauchsland und bei Würzburg der Landkreis Kitzingen mit weiten Gemüsefeldern.

Der Gemüsebau um Bamberg ging in den letzten 50 Jahren stark zurück, jedoch gibt es bis heute etliche Gemüse-Gärtnereien für die Nahversorgung. Ein historisches Gärtner-Anwesen in der Gärtnerstadt wird von einem Verein gepflegt. Dieses Gärtnermuseum (Mittelstraße 34, 96052 Bamberg, Tel. 09 51/51 93 85 06, www.ghm-bamberg.de) besteht aus Wohn- und Geschäftsräumen, in denen sich noch originale Rechnungsbücher befinden. Hinter den Wirtschaftsräumen – einschließlich Stall für die damals nötigen Zugtiere – schließt sich eine lang gestreckte Garten-Parzelle an.

 

Lokalsorten auch heute erhältlich

Besonders stolz sind die Bamberger auf etliche bis heute erhaltene Lo­kal­sor­ten. Von vielen Gemüsearten wie Bamberger Spitz-Wirsing (die Bamberger sagen Wirsching), weißem Rettich, Knoblauch oder Gurken haben manche Betriebe noch eigene Haus-Sorten. Besonders bekannt sind die ‘Bamberger Hörnla’, eine schmack­hafte, festkochende Salat- und Bratkartoffel.

Die überlieferten Pflanzkartoffeln waren jedoch stark mit Viren verseucht, sodass die Erträge sehr niedrig waren. Der Verein „Slowfood“ sponserte dann vor wenigen Jahren ein labortechnisches Verfahren, mit dem die Hörnla von den Viren befreit werden können. Viren durchdringen normalerweise die ganze Pflanze von den Blättern bis zur Wurzel. Lediglich in den Wachs­tums­zen­tren – besonders in den Triebspitzen, wo sich die Zellen schnell teilen – bleibt ein gut 1 mm² großer Bereich frei von Viren.

Mit einem Chirurgenskalpell entnimmt man diese winzigen Gewebestücke als „Ministecklinge“ und setzt sie auf passende, sterile Nährmedien, wo sie sich zu neuen, nunmehr virusfreien Kartoffelpflänzchen weiterentwickeln. Diese nutzt man nun zur Erzeugung von Pflanzkartoffeln. Sie müssen vor einem Befall mit Läusen geschützt werden, weil die Schädlinge den Virus oft weiterverbreiten.

Der Gemüsebauversuchsbetrieb in Bamberg der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und ­Gartenbau Veitshöchheim zeigt heuer mehrere der besonders schmackhaften und natürlich genau an Bamberger Verhältnisse angepassten Sorten auf der Landesgartenschau in Bamberg.

Sicher an erster Stelle zu er­wähnen ist der „Wirsching“. Seine Wachsschicht ist dünner, das Blatt fleischiger und zarter als üblicher Wirsing. Einige Bamberger Betriebe pflegen ihn nach wie vor und verkaufen ihn auf dem Markt (Adressen unter www.stadt.bamberg.de/media/custom/ 1829_4457_1.PDF?1319092391), ambitionierte Gaststätten bereiten ihn liebevoll zu.

 

Unsere Tipps für die Zubereitung

Weil die Blätter vom Wirsching so zart sind, können auch die grünen, besonders vitaminreichen Umblätter mit verwendet werden. Man brät feine Würfel aus geräuchertem Schweinebauch (ungefähr hellbraun), gibt dann ca. 750 g in feine Streifen geschnittene Wirschingblätter hinzu und dünstet kurz an. Nach Geschmack Salz, Pfeffer und wenig Muskat zugeben. Wer mag, gießt mit ca. 150 ml Sahne auf. Werden die Blattstreifen zuvor noch kurz in Salzwasser blanchiert, schmeckt’s noch milder.

Oder Sie dünsten ohne Speck, übergießen dafür das fertige ­Wirschinggericht mit gesondert ausgelassenen Speckwürfeln. Wirsching gehört in Bamberg zu jedem herbstlichen Gans- oder Schweinsbraten.

Marianne Scheu-Helgert,
Bayerische Gartenakademie

 

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