Rotkehlchenbrot und Erdnussbruch
Wie Sie Vögeln helfen können, den Winter zu überstehen
Foto: vivara.de Im Dezember ist es höchste Zeit, mit der Winterfütterung der Vögel in unseren Gärten zu beginnen. Die müssen sich schließlich erst an die Futterstellen gewöhnen, die wir ihnen anbieten. Wenn erst einmal Schnee fällt und starker Frost droht, ist es für viele Vögel schon zu spät, auf die Suche nach Zusatzfutter zu gehen. Damit die Tiere auch bis zum Anfang des Winters genügend Futter finden, sollten Sie darauf achten, welche Gehölze Sie in Ihrem Garten pflanzen.
Pflanzen für Vögel
Mit der Gewöhnlichen Felsenbirne (Amelanchier ovalis) holen Sie sich nicht nur ein sehr schön blühendes Gehölz in den Garten, im Herbst ist der Strauch übervoll mit kleinen, schwarzen Beeren. Sie sind zwar essbar, haben aber wenig Fruchtfleisch, sodass die Ernte sich meist nicht lohnt. Vögel fressen die Beeren dafür umso lieber.
Ein anderes für Vögel geeignetes Gehölz ist der Mittelmeer-Feuerdorn (Pyracantha coccinea), der sich im Herbst mit seinen gelben bis orangeroten Früchten schmückt. Das immergrüne Gehölz mit seinen stark bedornten Trieben bietet den Vögeln nicht nur Schutz, die weithin leuchtenden Beeren bleiben sehr lange am Strauch. Mit seinen maximal 3 m Höhe ist er auch für kleine Gärten geeignet.
Genauso interessant ist der Rote Holunder (Sambucus racemosa subsp. racemosa). Seine in dichten Trauben stehenden roten Beeren sind nicht nur eine Zierde im Herbst, sondern ein üppiges Futter für die Vögel, genau wie die Beeren des Gewöhnlichen Schneeballs (Viburnum opulus), die noch bis in den Winter an den Ästen hängen können. Den Spitznamen „Rotkehlchenbrot“ trägt das giftige Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus) nicht umsonst, denn dessen Samen werden im Winter gerne von Vögeln gefressen.
Auch die Samen vieler Stauden sowie ein- und zweijähriger Sommerblumen sind gutes Vogelfutter. Deswegen ist es wichtig, dass Sie den Garten vor dem Winter nicht aufräumen und die Samenstände der Pflanzen bis ins Frühjahr hinein stehen lassen. Die Bedeckung des Bodens mit Laub oder anderem Mulch ist genauso wichtig. Hier können viele Vögel auch im Winter tierisches Futter finden, wie z.B. Regenwürmer, Asseln und Insekten.
Foto: Fauna Press/Buiten-Beeld/M. Geven
Plexiglas statt Holz
Doch irgendwann, spätestens wenn der erste Schnee fällt, gehen die natürlichen Futtervorkommen zur Neige. Jetzt ist es Zeit, die Vögel mit zusätzlichem Futter zu unterstützen. Am besten, Sie fangen erst mit wenig Futter an und prüfen regelmäßig, ob es aufgefressen ist. Erst dann sollten Sie nachfüttern.
Die herkömmlichen Futterhäuschen aus Holz haben den Nachteil, dass sie regelmäßig gesäubert werden müssen, damit keine Krankheiten übertragen werden. Säulenförmige Futtercontainer aus Plexiglas oder Drahtgitter sind pflegeleichter und hygienischer, weil die Vögel das Futter nicht verunreinigen können.
Allerdings müssen sie aufgehängt werden. Da bietet sich meist ein größerer Baum oder eine Pergola an. Dabei sollten sie einen Abstand von mindestens 2 m zu Fenstern haben und an einer übersichtlichen Stelle hängen, damit sich keine Räuber anschleichen können.
Am besten ist es, wenn in einiger Entfernung Wildsträucher stehen, die im Spätherbst Beeren tragen. Das lockt die Vögel schon frühzeitig in den Garten und kann ihnen später als Zuflucht dienen.
Geschmäcker sind verschieden
Finken, Sperlinge und Ammern bevorzugen Körnerfutter. Rotkehlchen, Heckenbraunelle, Zaunkönig, Amsel und Star mögen lieber Weichfutter wie Rosinen, Obst, Haferflocken oder Kleie. Am liebsten nehmen sie das Futter vom Boden auf. Allesfresser wie Meisen, Spechte und Kleiber fressen gerne Körner- und Weichfutter, gehen aber auch an Meisenringe oder -knödel.
Sehr beliebt bei den Vögeln sind Futtermischungen, die zu zwei Dritteln aus Sonnenblumenkernen und zu einem Drittel aus Hanfsaat bestehen. Beide Saaten sind aufgrund ihres hohen Ölgehaltes sehr energiereich.
Problematisch ist diese Mischung, wenn heruntergefallenes Futter im Frühjahr anfängt zu keimen. Man darf sich dann nicht wundern, wenn die Polizei im Garten steht und verlangt, dass die Hanfpflanze (Cannabis sativa) unter dem Futterhäuschen doch bitte entfernt wird.
Ein ähnliches Problem entsteht durch Futtermischungen, die durch Samen der invasiven Beifußblättrigen Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) verunreinigt sind. Diese Pflanze bildet hochallergene Pollen aus und sollte nicht zur Blüte kommen.
Wer diesen Problemen von vornherein aus dem Weg gehen will, sollte mehrere Futtersäulen mit reinem Futter aufhängen oder die Mischung selbst zusammenstellen. Sonnenblumenkerne sind die wichtigste Komponente. Haferflocken können Sie entweder unbehandelt füttern oder sie mit Kokosfett oder Rindertalg versetzen.
Erdnussbruch bekommen Sie im Tierfutterhandel. Und ein gutes Futter für Vögel, die feine, fett- und eiweißreiche Samen bevorzugen, ist die Nigersaat (Guizotia abyssinica), die Sie über das Internet beziehen können. Je vielfältiger das Angebot am Futterhaus ist, desto vielfältiger sind auch seine Besucher!
Ganzjährig füttern?
Auch im Frühjahr benötigen die Vögel unsere Unterstützung. Ein Meisenpärchen, das Junge aufzieht, ist den ganzen Tag mit der Beschaffung von Insekten für die Brut beschäftigt. Die Altvögel brauchen jedoch fettreiche Nahrung und sind dankbar, wenn ihnen dann Sonnenblumenkerne und Erdnussbruch angeboten werden. Das entlastet sie bei der Futtersuche. Die Gefahr, dass die Eltern falsches Futter an ihre Jungen verfüttern, besteht nicht – das verhindert der Instinkt der Vögel.
Viele Vogelarten ziehen in einer Saison mehrere Bruten groß, deshalb sollten Sie auch im Sommer nicht mit der Fütterung aufhören. Eigentlich können Sie die Vögel das ganze Jahr über zusätzlich mit Futter versorgen. Sie werden schon merken, wann Futter nötig ist und wann nicht – z.B. im Herbst und Frühwinter, wenn viele Gehölze Früchte tragen. Hier regelt die Nachfrage das Angebot.
Die ganzjährige Fütterung ersetzt aber nicht, den Vögeln einen Lebensraum zu bieten und sie so zu schützen! In England wird schon seit Jahrzehnten eine Ganzjahresfütterung praktiziert. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass die dortige Vogelvielfalt größer ist als in jedem anderen europäischen Land. Um das auch hier zu erreichen, liegt noch ein langer Weg vor uns. Doch bekanntlich beginnt jeder Weg mit dem ersten Schritt.
Claudia Heger,
Diplom-Biologin
Buchtipp: Vögel richtig füttern
Das Füttern von Vögeln gehört für viele Menschen zu den schönsten Naturerlebnissen – vor allem im Winter. Wie wichtig dieses Zufüttern für den Artenschutz ist und dass man es wohl auch problemlos das ganze Jahr über tun kann, erklärt der Ornithologe Prof. Peter Berthold zusammen mit seiner Frau, der Vogelwartin Gabriele Mohr, in dem Buch „Vögel füttern, aber richtig“. Das Buch bietet Anleitungen zum richtigen Füttern, dem optimalen Anlegen einer Futterstelle und wichtige Hinweise zur Versorgung kranker Vögel ebenso wie Tipps für einen vogelfreundlichen Garten.
Berthold, Peter; Mohr, Gabriele: „Vögel füttern – aber richtig. Das ganze Jahr füttern, schützen und sicher bestimmen“.
112 Seiten. 140 Farbfotos. Preis: 9,99 Euro.
Kosmos Verlag, Stuttgart.
ISBN 978-3-440-13178-7.
Stunde der Wintervögel
Foto: Wolfgang Lorenz /LBV
Der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) und der Naturschutzbund Deutschland (NABU) laden erneut zur „Stunde der Wintervögel“ ein. Vom 9. bis 11. Januar 2015 können Naturfreunde eine Stunde lang Vögel zählen, die Sie im Garten, auf dem Balkon oder im Park beobachten. Die Ergebnisse der Langzeitstudie sollen Hinweise auf die Entwicklung der heimischen Vogelwelt liefern – wie z.B. den starken Rückgang der Grünfinken (Foto) aufgrund einer durch Parasiten ausgelösten Erkrankung, die insbesondere an sommerlichen Vogelfutterstellen auftritt.
Das Meldeformular finden Sie auf www.stunde-der-wintervoegel.de. Alternativ können Sie Ihre Zählungen auch telefonisch durchgeben, allerdings nur am 10. und 11. Januar, von 10 bis 18 Uhr, Tel. 08 00/1 15 71 15.