Überlebenskünstler fürs Staudenbeet – Richtige Pflanzenverwendung im Klimawandel
Foto: jurryt23/Adobe Stock
Der Klimawandel ist längst Realität, und Profis wie Hobbygärtner sind beim Einsatz von Stauden und Zwiebelpflanzen zukünftig besonders gefordert, alternative Konzepte zu entwickeln. Die zu erwartenden milderen, aber feuchteren Winter, oft gefolgt von trockenen Frühjahren und heißen, trockenen Sommern, bieten dem Verwender aber auch neue kreative Möglichkeiten durch ein deutlich erweitertes Pflanzensortiment.
Auswirkung der Klimaänderungen
Der Klimawandel zeigt sich für den Gärtner insbesondere durch die stärkere Ausprägung von Extremen: Auf mehrere trockene und heiße Sommer (2018, 2019, 2020) in Folge gibt es hin und wieder auch das Gegenteil, nämlich kühle, nasse Perioden von Mai bis September wie in 2021. Zunehmend haben wir es auch mit Spätfrostereignissen bis in den Mai zu tun, die nach dem immer früher einsetzenden Austrieb der Stauden und Gehölze besonders fatal sind.
Foto: Schmidt
Gefährdet sind hier vor allem Stauden aus Ostasien und dem Gebiet des Kaukasus, die zwar wieder austreiben, aber doch durch den totalen Blattverlust geschwächt werden.
Nordamerikanische Präriestauden, osteuropäische Steppenstauden und viele heimische Stauden trockener Freiflächen und warm-trockener Gehölzränder sind an die veränderten Bedingungen meist deutlich besser angepasst.
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Auch der Zeitpunkt und die Dauer von Trockenperioden wechseln stark, sodass die Pflanzen es schwer haben, sich auf bestimmte Ereignisse einzustellen. Wir brauchen also in Zukunft Pflanzen mit einer besonders breiten Standortamplitude, die die häufigen Wechsel und Schwankungen besser wegstecken können. Neben der reinen Stresstoleranz (Anpassung an ungünstige Bedingungen wie Trockenheit, Hitze, Strahlung, aber auch Vernässung) ist auch die Resilienz, die Anpassungsfähigkeit, sehr wichtig.
Verlierer im Klimawandel sind insbesondere Stauden, die ursprünglich aus Habitaten stammen, die im Sommer stets einen mild-feuchten Boden bieten. Solche eher anspruchsvollen Stauden finden sich beispielsweise in Feuchtwiesen und üppigen Hochstaudengesellschaften. Viele altbekannte und beliebte Zierstauden mit oft üppiger Blütenpracht zählen dazu: Phlox, Sonnenbraut, Sonnenhut, Herbstastern, Astilben und Japan-Anemonen.
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Stauden mit Zukunft
Dagegen finden viele mediterrane Stauden und vor allem wintergrüne, aromatische Halbsträucher, die Sie noch vor 20 Jahren nur als Kübelpflanzen kannten, zunehmend als ganzjährig ausgepflanzte Exemplare in Gärten Verwendung – vor allem in den begünstigten Weinbauregionen. So finden sich mittlerweile Strauchiges Brandkraut (Phlomis fruticosa), Heiligenkraut (Satolina), Rosmarin (Rosmarinus) und Zistrosen (Cistus), aber auch echte Zypressen (Cupressus), Pinien (Pinus), Kork-Eichen (Quercus suber), Echte Feigen (Ficus carica) und andere bedingt winterharte Mittelmeergewächse zunehmend in den Gärten.
Gerade die zahlreichen Halbsträucher und Stauden aus den sommertrockenen Regionen haben besonders deutliche Anpassungen und Überlebensstrategien an stressige Umweltbedingungen entwickelt, um Perioden mit Trockenheit und Hitze zu überstehen. Dazu zählen schmale Blattspreiten (Gräser) oder behaarte Blattspreiten (Ziest [Stachys]), tief reichende Wurzeln (Edeldistel [Eryngium]), Speicherorgane wie fleischige Rhizome (Iris), Zwiebeln oder Knollen (Laucharten, Efeublättriges Alpenveilchen [Cyclamen repandum subsp. Repandum]), fleischige, verdickte Blätter und Sprosse bei Sukkulenten wie Sedum.
Robuste Bodendecker für trockenen SchattenFoto: Schmidt Ein besonderes Problem zeigt sich unter älteren Gehölzen: trockener Schatten und Wurzeldruck. In Weinheim haben sich nach zehnjähriger Beobachtung folgende Arten als besonders dauerhaft und zuverlässig im Wurzeldruck der Gehölze erwiesen: Waldmeister (Galium odoratum), Altai-Bergenie (Bergenia cordifolia) in Sorten, Japan-Segge (Carex morrowii ssp. foliosissima ‘Ice-dance’ und ‘Irish Green’), Weiße Segge (C. alba), Vogelfuß-Segge (C. ornithopoda), Elfenblume (Epimedium pauciflorum, E. pubigerum, E. x rubrum, E. x versicolor ‘Sulpureum’, E. x perralchicum ‘Frohnleiten’), Robb-Wolfsmilch (Euphorbia amygdaloides subsp. robbiae), Christrosen-Arten (Helleborus): Schneerose (H. x ericsmithii), Lenzrose (H. x hybridus), Stinkende Nieswurz (H. foetidus), Korsische N. (H. argutifolius), Spitzblättriges Purpurglöckchen (Heuchera villosa var. macrorrhiza), Übelriechende Schwertlilie (Iris foetidissima ‘Citrina’), Horstbildende Liriope (Liriope muscari ‘Ingwersen’), Gewöhnlicher Tüpfelfarn (Polypodium vulgare), Dorniger Schildfarn (Polystichum aculeatum), Borstiger Schildfarn (P. setiferum), Gewöhnlicher Wurmfarn (Dryopteris filixmas) und Waldsteinie (Waldsteinia geoides). Foto: Schmidt |
Einige Stauden ziehen sich im Sommer ganz in ihre unterirdischen Überdauerungsorgane zurück, wie z.B. die Geophyten (Zwiebel- und Knollenpflanzen) oder Pflanzen mit fleischigen, verdickten Rhizomen wie der Orient-Mohn (Papaver orientale).
In Zukunft werden Stauden aus wärmeren und trockeneren Regionen in der Gestaltung unserer Gärten eine weitaus größere Rolle spielen müssen, wenn zukünftig die Bewässerung der Gärten zeitweise ganz eingeschränkt oder zumindest reglementiert wird. Der richtigen Standortanalyse und der perfekt auf den Standort angepassten Pflanzenauswahl und -zusammenstellung kommt also die größte Bedeutung zu.
Die Gärtnereien haben ihre Sortimente diesem Trend folgend in den letzten Jahren deutlich umgestellt und erweitert. Hobbygärtner können entspannt in die Zukunft blicken, denn es gibt genügend attraktive Überlebenskünstler fürs Staudenbeet, die es gerne mager, trocken und heiß mögen. Solche stresstoleranten Stauden bieten meist auch noch ein perfektes Angebot an Pollen und Nektar für Bestäuber wie Wildbienen und Hummeln, vor allem, wenn Sie zumindest einen Anteil von 30–40 % an heimischen Arten berücksichtigen.
Foto: mauritius images/imageBROKER/Helmut Meyer zur Capellen
Neue Pflanzkonzepte entwickelt
Im Arbeitskreis Pflanzenverwendung im Bund deutscher Staudengärtner (BdS) beschäftigen sich die Staudenexperten schon seit 1998 damit, an Trockenheit angepasste, ästhetisch ansprechende und dennoch pflegereduzierte Pflanzkonzepte aus Stauden und Blumenzwiebeln zu entwickeln. Inzwischen gibt es gut 40 verschiedene, über mehrere Jahre getestete Staudenmischungen, wie z.B. das Staudenpaket „Silbersommer“ mit 60 % heimischen Arten.
Alle haben schon über mehrere Jahre den Praxistest im Stadtgrün unter den oft extremen Bedingungen bestanden (siehe www.staudenmischungen.de). Wie funktionieren solche innovativen Pflanzkonzepte? Die modulartige Pflanzenmischung mit genau festgelegten Anteilen jeder Art ist exakt für einen Standort, beispielsweise trockene Freiflächen, konzipiert.
Zum Einsatz kommen vorwiegend stresstolerante Arten für durchlässige Böden, die – außer im Pflanzjahr – auch in längeren Trockenperioden ohne zusätzliche Bewässerung und Düngung auskommen.
Solche Pflanzengemeinschaften finden sich in der Natur in den osteuropäischen Steppengebieten und den heimischen Halbtrockenrasen, aber auch in den nordamerikanischen Prärien. Eine gewisse Dynamik, wie die Selbstaussaat einiger Arten in Lücken, ist erwünscht, denn durch die unterschiedlichen Ausbreitungsstrategien und Lebensformen der Pflanzen werden Klimaextreme abgepuffert.
Foto: Schmidt
Da trockenheitstolerante Staudengemeinschaften keinen Kompost oder Rindenmulch vertragen, der Boden aber auch nicht zu schnell austrocknen und sich kein Unkraut auf dem unbedeckten Boden etablieren sollte, bringen Sie am besten auf frisch gepflanzten Beeten mineralische Mulchstoffe wie Splitt, Felsenkies, ungewaschenen Sand, Feinkies oder Lavagrus aus.
Das hat auch den Vorteil, dass sich der Pflegeaufwand auf ein Minimum reduziert, weil sämtliche Bodenstörungen unterbleiben (kein Hacken). Diese verdunstungshemmende Mulchschicht hat übrigens nichts mit den mittlerweile überall anzutreffenden, spärlich bepflanzten oder völlig pflanzenlosen Schottergärten zu tun.
Präriestauden – flexible Allrounder
Als attraktive, anpassungsfähige Pflanzenarten bewährt haben sich in den letzten Jahren Stauden aus der nordamerikanischen Prärie. Sie ertragen auch durchlässige, sandig-lehmige bis sandige Böden in voller Sonne.
Folgende Arten sind empfehlenswert: Bleicher Scheinsonnenhut (Echinacea pallida), Schmalblättrige Bergminze (Pycnanthemum tenuifolium), Großblütiges Mädchenauge (Coreopsis grandiflora), Knollige Seidenpflanze (Asclepias tuberosa), Bleibusch (Amorpha canescens), Silber-Beifuß (Artemisia ludoviciana), Purpurlaubiger Bartfaden (Penstemon digitalis ‘Huskers Red’), Prachtscharte (Liatris-Arten) und Große Kegelblume (Ratibida pinnata).
Foto: Schmidt
Besonders die für die Gestaltung – als Kontrast zu anderen Stauden – so wichtigen Gräser der Prärie fühlen sich unter den zunehmend wärmeren Klimabedingungen in der Stadt richtig wohl. Mit ihren tiefen Wurzeln, schmalen, oft blaugrünen oder silbrigen Blattspreiten und ihrer wassersparenden Lebensweise sind sie perfekt an hohe Temperaturen und Trockenheit angepasst.
Meine Favoriten sind: Rutenhirse (Panicum virgatum) in vielen schönen, auch kleiner bleibenden Sorten mit oft rötlicher Herbstfärbung, Indianergras (Sorghastrum nutans), Präriebartgras (Schizachyrium) und Prärie-Tropfengras (Sprobolus).
Insektenmagneten
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Ebenfalls geeignet sind viele attraktive Stauden aus Mittel-, Süd- und Südosteuropa sowie aus Mittelasien, die aus trockenen Graslandgesellschaften wie den Wiesensteppen stammen. Da es sich um heimische Arten oder um reich blühende Wildstauden handelt, die mit unseren heimischen Arten nah verwandt sind, bieten Steppenstauden sowohl den Insekten ein reiches Angebot an Pollen und Nektar als auch dem Gärtner eine gesteigerte Ästhetik und reduzierte Pflege. Leicht zu kultivierende und langjährig bewährte Arten finden Sie im folgenden Kasten.
„Insektenmagneten“ für trockene BeeteFoto: mauritius images/Alamy Stock Photos/Organica Gold-Garbe (Achillea filipendulina), Kleinblütige Bergminze (Calamintha nepeta ‘Triumphator’), Steppen-Wolfsmilch (Euphorbia seguieriana ssp. niciciana), Amethyst-Mannstreu (Eryngium amethystinum), Flachblättriger Mannstreu (Eryngium planum), Blutroter Storchschnabel (Geranium sanguineum), Lavendel (Lavandula angustifolia), Thüringer Strauchpappel (Lavatera thuringiaca), Blaue Katzenminze (Nepeta x faassenii), Gewöhnlicher Dost (Origanum vulgare), Syrisches Brandkraut (Phlomis russeliana), Knollen-Brandkraut (P. tuberosa), Purpur-Klee (Trifolium rubens), Steppen-Salbei (Salvia nemorosa) in Sorten, Wiesen-Salbei (S. pratensis ‘Indigo’), Quirlblütiger Salbei (S. verticillata ‘Purple Rain’) und Gräser wie Reiher-Federgras (Stipa pulcherrima forma nudicostata), Östliches Wimper-Perlgras (Melica ciliata) und Herbst-Blaugras (Sesleria autumnalis). Foto: Flora Press/Visions Eher kurzlebige, selbst versamende Arten für Lücken oder Neuanlagen sind: Gewöhnliche Wiesen-Schafgarbe (Achillea millefolium subsp. millefolium) und Sorten, Pfirsichblättrige Glockenblume (Campanula persicifolia), Muskateller-Salbei (S. sclarea), Steppen-Salbei, Mazedonische Witwenblume (Knautia macedonica), Kronen-Lichtnelke (Silene coronaria), Jupiter-Lichtnelke (S. flosjovis) und Kandelaber-Königskerze (Verbascum olympicum). Als Zwiebelpflanzen eignen sich vor allem Botanische Tulpen, Traubenhyazinthe (Muscari) und Lauch (Allium-Arten). |