Torffrei geht’s auch!

Was der Torfausstieg für Hobbygärtner bedeutet

Foto: gkrphoto/Adobe Stock
Über Jahrzehnte galten torfbasierte Blumenerden als das Allroundtalent für alle pflanzlichen Anwendungen im Garten. Aber der Erdenmarkt ist in Bewegung, und die Zeit ohne Torf in Blumenerden rückt näher. Ein Grund zur Sorge ist das nicht: Mit einem etwas veränderten Gieß- und Düngungsverhalten funktionieren auch torffreie Erden gut.

Die Politik macht Druck

Es ist unbestritten: Torf weist wichtige physikalische und chemische Eigenschaften auf, wie die hohe Strukturstabilität, den geringen Salzgehalt, den sehr niedrigen pH-Wert und die hohe Wasserspeicherfähigkeit. Letztere schätzen wir als Anwender auf Balkon und Terrasse ganz besonders, da der Wurzelraum im Kübel oder Kasten begrenzt ist und die heißen, regenfreien Tage im Sommer zunehmen.
Doch durch das gestiegene Bewusstsein für die Folgen des Klimawandels und neue Erkenntnisse über die Wichtigkeit von Mooren als Kohlendioxidspeicher ist die Verwendung von Torf in Kultursubstraten und Blumenerden verstärkt in die Kritik geraten. Denn der Abbau von Torf ist mit wesentlichen Treib­hausgasemissionen verbunden. Von der Politik wird deswegen im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 als mittel- bis langfristiges Ziel formuliert, aus der Nutzung von Torf auszusteigen und klimafreundliche Alternativen zu entwickeln.
Ein schrittweiser Übergang soll bis 2026 zu einem kompletten Torfausstieg im Freizeitgartenbau führen. Ebenfalls beschlossen ist die nationale Moorschutzstrategie, deren Maßnahmen auch dem Klimaschutz und der Erhaltung der Moorbiotope dienen sollen.
Auch der Handel ist bestrebt, torffreie Blumenerden voranzutreiben. Schließlich passen die Themen Nachhaltigkeit, Umweltschutz und CO₂–Einsparung gut in jede Firmenphilosophie. Besonders die jüngere Kundenklientel fühlt sich davon angesprochen.

Es gibt Alternativen, aber … 

MoorFoto: Countrypixel/Adobe Stock Bis 2026 soll es im Freizeitgartenbau keine torfhaltigen Erden mehr geben.
Bereits seit Jahrzehnten werden neben Torf auch andere natürliche Rohstoffe für die Produktion von Substraten und Blumenerden erprobt und genutzt. Diese stammen entweder aus dem Abbau natürlicher Lagerstätten (z.B. Ton), sind Reststoffe, die bei der Verarbeitung organischen Materials anfallen (z.B. Holz und Baumrinde), oder werden speziell für die Verwendung als Substratausgangsstoff angebaut (z.B. Chinaschilf).
Dabei sind die Motivationen für den Einsatz durchaus vielschichtig. Dies kann beispielsweise die sinnvolle Integration organischer Reststoffe in den Stoffkreislauf sein. So wurde durch die Entwicklung eines Verfahrens zur Produktion von Rindenhumus aus Nadelholzrinden vor mehr als 30 Jahren deren Deponierung vermieden. Ähnliches gilt für Kompost, wobei nur Grüngutkompost als Substratausgangsstoff geeignet ist. Bioabfallkompost findet aufgrund sehr hoher Nährstoff- und Salzgehalte in Kultursubstraten in der Regel keine Anwendung.
Durch die Kombination verschiedener Ausgangsstoffe können die Substrateigenschaften zudem gezielt für die vorgesehene Verwendung optimiert werden. Als Beispiel sei hier die Beimischung von Ton zur Erhöhung des Puffervermögens genannt. Die meisten der heute eingesetzten Substratausgangsstoffe können Torf allerdings nur zu bestimmten Anteilen ersetzen. So limitiert die Stickstoff-Festlegung die Beimischung von Holzfasern auf 20 bis 40 Vol.-%.
Gleiches gilt für Kompost und Rindenhumus, wobei hier die hohen Nährstoffgehalte einschränkend wirken. Gärprodukte als Reste aus der Biogasanlage finden aufgrund noch höherer Nährstoffgehalte und einer geringeren Strukturstabilität bisweilen nur wenig Verwendung.

 

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Richtig torffrei gärtnern

Wenn Sie torffrei gärtnern und dabei Enttäuschungen bei der Pflanzenpflege vermeiden möchten, setzen Sie zunächst auf Markenprodukte bekannter Hersteller, da hier eine gleichbleibende Qualität der Rohstoffe durch Gütesicherung am ehesten gegeben ist. Ein Blick auf die Rückseite des Substratsackes lohnt sich, hier sind die einzelnen Ausgangsstoffe aufgelistet. Alle Torfersatzstoffe wie Holzfasern, Kompost oder Gärreste aus Biogasanlagen unterscheiden sich in ihren Eigenschaften von Torf und erfordern deshalb eine etwas andere Handhabung im Gieß- und Düngungsverhalten.

Das Gießen anpassen

GießenFoto: Flora Press/BIOSPHOTO/Jean-Michel Groult
Torfreduzierte oder torffreie Substrate haben aufgrund der gröberen Struktur und der geringeren Wasserhaltefähigkeit der Ausgangsstoffe oft die Eigenschaft, pro Gießvorgang weniger Wasser zu speichern als reine Torf-Substrate. Achten Sie daher besonders in den einstrahlungsreichen Sommermonaten auf eine ausreichende Wasserversorgung. Gießen Sie den Erdballen stets durchdringend und variieren Sie die Gießstellen. So vermeiden Sie Rinnen, durch die das Wasser einfach nur hindurchläuft.
Doch wann ist zu gießen? Torffreie Erden sind an der Oberfläche oftmals staubtrocken, während die Schichten darunter eventuell noch feucht sind. Die Empfehlung, den Trockenheitszustand mit den Fingern zu prüfen, könnte dadurch eventuell zu einem Trugschluss führen. Mit dem Anheben kleinerer Gefäße kann man den Gießbedarf torffreier Substrate dagegen recht gut ermitteln.
Auch Wasserspeichergefäße mit Messfühlern sind zu empfehlen, wobei diese auf torfbasierte Blumenerden ausgelegt sind. Das Wasser steigt womöglich in der torffreien Erde nicht so gut nach oben. Es sei denn, Kokosfasern sorgen als Bestandteil der Blumenerde für eine gute Kapillarität.
Enthält die torffreie Blumenerde einen hohen Kompostanteil, kann der pH-Wert im Substrat verhältnismäßig hoch sein (über 6,0). Gießen Sie nun ausschließlich mit hartem kalkhaltigem Leitungswasser, steigt der pH-Wert unkontrolliert weiter an, und die Verfügbarkeit von Spurenelementen wie Eisen nimmt ab. Somit ist bei komposthaltigen Blumenerden die Verwendung von Regenwasser besonders zu empfehlen.

Düngung optimieren

Vor allem holzbasierte Torfersatzstoffe wie Holzfasern oder Rindenhumus zeigen oftmals eine sogenannte Stickstoff-Immobilisierung, d.h. Mikroorganismen zersetzen das organische Material, wofür sie Stickstoff benötigen. Es kommt zu einer Festlegung, und den Pflanzen steht nicht mehr ausreichend Stickstoff zur Verfügung.
Aus diesem Grund ist eine stickstoffbetonte flüssige Nachdüngung sinnvoll, oder aber Sie mischen zur Pflanzung stickstoffreiche organische Bevorratungsdünger in die Blumenerde ein, wie Horngries/-späne oder Schafwollpellets. 1 bis 2 g pro Liter Substrat reichen schon aus, um eine mögliche Stickstofffestlegung auszugleichen.
Als wertvolle Lieferanten für weitere Hauptnährstoffe wie Phosphor oder Kalium gelten insbesondere Grünschnittkomposte oder Rindenhumus. Stickstoff liefern sie aber kaum. Sind diese Ausgangsstoffe in der Blumenerde enthalten, ist auch deshalb eine stickstoffbetonte Nachdüngung zu empfehlen. Mit etwas mehr Aufmerksamkeit werden Sie dann sehen: Torffrei geht’s auch!

 

Robert Koch
Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt
für Gartenbau (LVG) Heidelberg

Bio ja, 100 % torffrei nein

Speziell Bio-Gemüseerden werden zunehmend nachgefragt. Eine Bioerde muss aber nach EG-Öko-VO Nr. 2018/848 nicht zu 100 % torffrei sein. Wichtig ist hier vor allem der Verzicht auf mineralische Dünger.
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