Schattenrasen: Utopie, Wirklichkeit, Alternativen

Unter reduzierten Lichtverhältnissen wachsen Pflanzen anders. Dies gilt auch für Rasengräser. Sie streben dem Licht zu, bilden also weniger Ausläufer und konzentrieren alle Kraft auf das Längenwachstum der Triebe. Zwar bietet der Handel eine Fülle von Mischungsvarianten für Schat­ten­stand­or­te an, und die Werbung verspricht grüne Erfolgserlebnisse, aber erfahrungsgemäß entwickelt sich Rasen an lichtarmen Standorten eher schlecht. Hohe Luft- und Bodenfeuchtigkeit in Kombination mit Lichtman­gel bedingen eine höhere Anfälligkeit für Pilzkrankheiten, wie z.B. Blattflecken oder Rost.

SchattenrasenFoto: Eppel Eine verschwiegene Bank im Grünen ist für den Schattenrasen Belastung genug

Im Unterstand von Gehölzen mit einer eingeschränkten Wasser- und Nähr­stoff­ver­sor­gung machen den Gräsern zudem noch die Wurzelkonkurrenz und der Laubfall heftig zu schaffen. Die wenig widerstandsfähigen, immer lückiger werdenden Grasbestände werden in der Folge häufig von Moos und Algen dominiert. Ein Szenario, das ratlose Fachleute und frustrierte Ra­sen­lieb­ha­ber zurücklässt.

Als Hoffnungsträger fungieren oft neue, schatten- oder stresstolerantere Gräserarten, wie z.B. die Lägerrispe (Poa supina), die der schwächelnden Rasenmischung am lichtarmen Problemstandort zu mehr Durch­set­zungs­kraft verhelfen sollen. Als Helfer in der Not bieten sich aber auch schat­ten­to­le­ran­te Stauden- und Gehölzpflanzungen an, mit denen sich bei entsprechender Pflanzenauswahl und Pflege unter Um­ständen sogar eine rasenähnliche Optik erzielen lässt.

 

Wo Schatten anfängt

Entscheidender Faktor für pflanz­liches Überleben ist die zur Verfügung stehende Lichtmenge. Für das Wuchsverhalten von Gräsern sind die Tageszeit und vor allem die Dauer des Lichteinfalls entscheidend.

Der Lichtkompensationspunkt für Rasengräser, also die Lichtmenge, bei der sich der Stoffaufbau und -abbau bei der Fotosynthese die Waage halten, liegt nach wissenschaftlichen Erkenntnissen bei ca. 1000 bis 2000 Lux. Zum Vergleich: An einem vollsonnigen Fe­bruartag werden in Würzburg zur Mit­tags­zeit 11.000 Lux gemessen. Eine mit Schattiergewebe flächig her­bei­ge­führ­te 70%ige Lichtreduktion lässt die Energiemenge an Ort und Stelle auf etwa 3500 Lux sinken. Das reicht aber immer noch, um den Stoffwechsel der Rasengräser in Gang zu halten.

Grün von oben und untenFoto: Eppel Lauschige Ecken mit Grün von oben und unten sind nicht nur im Hausgarten gefragt. Aber hält das ein Rasen auf Dauer aus?

Ein partieller Lichtmangel, wie er auf vielen halbschattigen Rasenflächen anzutreffen ist, stellt also in der Regel keinen limitierenden Faktor dar. An diesen Standorten lässt sich mit hochwertigen Rasenmischungen aus speziellen Rasenzuchtsorten und angepasster Pflege, insbesondere einer ausreichenden Wasserversorgung, auch auf Dauer ein Rasen etablieren.

Problematisch dagegen sind Rasenstandorte, die ursprünglich von der Sonne überflutet waren, sich im Laufe der Zeit aber zu lichtarmen dunklen Gar­ten­ecken entwickelt haben. Dort kommt es durch Veränderungen der Licht­qua­li­tät und -quantität in Verbindung mit einer Wurzelkonkurrenz durch Gehölze dann oft zu massiven Wachstumsstörungen. Unter diesen Bedingungen ist eine Rasenersatzpflanzung dann oft die bessere Wahl.

 

Rasenflächen mit Licht und Schatten

Wer sich bei ausreichender Restlichtausbeute für einen Rasen ent­scheidet, sollte dort zunächst den Boden entsprechend vorbereiten. Auch am absonnigen Standort sorgt eine mindestens 10 cm dicke wasserdurchlässige Oberbodenschicht für optimale Wachs­tumsbedingungen. Lehmige Böden bedürfen in der Regel einer Aufbereitung mit Sand und Kompost (2-3 l/m2; das entspricht beim flächenhaften Ausbringen einer Schichtdicke von max. 2–3 mm). Tiefer gehende Verdich­tungen sind aufzulockern, um später einer Vernässung des Rasens vorzubeugen. Damit lässt sich auch eine Algen- und Moosbildung unterdrücken.

Nach dem Feinplanum (kleine Stei­ne, Wurzeln usw. von der Fläche entfernen, dann die obersten Zentimeter mit der Harke vorsich­tig auflockern) erfolgt die Ausbringung des Saatguts. Unter Bäu­men sollte die Aussaat sehr zeitig im Frühjahr erfolgen, um dem jungen Rasen noch eine mög­lichst hohe Lichtmenge zu gönnen.

Was das Saatgut betrifft, bietet – wie Untersuchungen an der Bay­erischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) gezeigt haben – ein höherer Preis nicht unbedingt die Gewähr für einen besseren Begrünungserfolg. Von 21 getesteten handelsüblichen Schattenrasenmischungen hinter­ließen im Veitshöchheimer Schat­ten die Rasenmischu­ngen „VIVA M43“, mit 7,95 Euro/kg ein Internetschnäppchen“ (Anbieter: West­falia Versand, Hagen, www.westfalia.de/shops/garten), sowie der „Supra-Rasen“ (Anbieter: Flora Frey, Quedlinburg, www.flora-frey.de) für stolze 18,68 Euro/kg insgesamt den besten Eindruck.

Ob der „Supra-Rasen“ nur aufgrund der beigemischten schat­ten­ver­träg­li­chen Lägerrispe (Poa supina) überzeugt hat, darf zumindest bezweifelt werden. Die Mischung „VIVA M43“ setzt nämlich eher auf klassische Rasengräser in Kombination mit Gewöhnlichem Rispengras (Poa trivialis), Hain-Rispengras (Poa nemoralis) und Rotem Straußgras (Agrostis capillaris). Wie so oft dürf­te das Gesamtpaket entschei­dend sein.

Bis auf wenige Ausnahmen schaff­ten es fast alle getesteten Ra­sen­mi­schun­gen, auch noch nach drei Versuchsjahren flächiges Grün zu erzeugen. Allerdings wirkten die Gräser mit zunehmendem Lich­tentzug gestresst und merklich geschwächt, was auch in der durchweg schlechten ästhetischen Beurteilung zum Ausdruck kam.

Zu bemängeln war vor allem das uneinheitliche „struppige“ Wachs­tum der Gräser und die daraus resultierende „fleckig“ wirkende Optik der Rasennarbe. Dennoch wurden die speziell für schattige Standorte angepriesenen Mi­schun­gen ihrem Anspruch innerhalb der dreijährigen Prüfung in Veits­höch­heim durchaus noch gerecht.

 

Auf die richtige Pflege kommt es an

Schattenrasen ist empfindlicher als normaler Rasen. Das betrifft auch die Nutzung des Rasens. Durch den Lichtmangel ist die Re­generationskraft der Graspflan­zen stark reduziert. Es dauert daher sehr viel länger, bis sich Schat­tenrasen von starker Belastung und den damit verbundenen Zerstörungen erholt und sich die Narbe wieder regeneriert. Unabhängig davon brauchen Graspflanzen, die weniger Licht bekommen, eine zu ihren Wachs­tums­be­din­gun­gen passende Pfle­ge, insbesondere in Bezug auf Schnitt und Feuch­tig­keit.

Damit der Rasen das Restlicht besser verwerten kann, d.h. die Graspflanzen mehr Fotosynthese betreiben und mehr Reservestoffe bilden können, ist eine Reduzierung der Mahd angeraten. Dabei sollte die Schnitthöhe beim Schattenrasen 5 cm nicht unterschreiten. Damit verbleibt für die Graspflanze mehr Fotosynthesefläche, und zudem wird Moos unterdrückt.

Zielführend ist ein regelmäßiger, nicht zu häufiger Schnitt, bei dem maximal ein Drittel der Blattmasse entfernt wird. Deshalb reicht es, den Rasen im Schatten nur alle drei bis vier Wochen zu mähen. Das anfallende Schnittgut ist ebenso wie Laubfall regelmäßig zu entfernen, damit den Gräsern die volle Lichtmenge zur Verfügung steht. Bereiten Rasenfilz und Moos Probleme, sollten Sie nach dem zweiten Schnitt (April, Mai) die Rasennarbe zusätzlich vertikutieren.

Für das Düngen eines Schattenrasens gilt Ähnliches wie für die Aussaat. Also möglichst früh im Jahr düngen, bevor Blätter die Son­ne verdecken. Als zeitliche Orientierung kann die Forsythien­blüte dienen. Bewährt haben sich besonders Rasenlangzeitdünger, die viermal pro Jahr (März, Mai, Juli, September) bedarfsgerecht ausgebracht werden. Ein ka­libe­tonter Dünger im Herbst ver­bes­sert die Winterhärte des Rasens und beugt Krankheiten vor.

Maßgeblich für den Erfolg eines Schattenrasens ist die Wasserversorgung. Viele schattentoleran­te Gräser, wie z.B. die Lägerrispe (Poa supina), vertragen keine Trockenheit. Selbst nach Regenfällen kann es unter Bäumen aber immer noch trocken sein. Zusätzliches Wässern in den Som­mer­monaten ist deshalb Pflicht.
Allerdings ist das richtige Maß gefragt, da die Kombination Licht­mangel und Feuchtigkeit, Krankheiten, aber auch Moose und Algen fördern kann. In der Regel reicht es, ein- bis zweimal pro Woche wurzeltief, d.h. ca. 10 cm tief, mit 10–15 l/m² durchdringend zu bewässern. Unter Bäumen darf es aber auch schon mal etwas mehr sein, ohne den Rasen zu „ersäufen“.

 

Alternative Pflanzungen fürs Dunkle
 

Oder darf‘s vielleicht doch lieber eine Schattenpflanzung sein? Der beste Rasenersatz im Test bei einer Lichtreduktion von 70 % waren das Frühlings-Fingerkraut (Potentilla neumanniana), die Polster-Fetthenne (Sedum hybridum ‘Immergrünchen’, siehe linkes Bild), der Wald-Ehren- preis (Veronica offici­nalis) und die Immergrüne Golderdbeere (Waldsteinia ternata, siehe rechtes Bild)
Fotos: Eppel

 

Wer eine echte Alternative zum Schattenrasen sucht, orientiert sich neben der Schattenverträglichkeit vor allem am optischen Erscheinungsbild einer niedrig wachsenden, flächendeckend grü­nen Rasenfläche. Als pflanzliche Alternativen kommen dafür dann eigentlich nur flächig wirkende Stauden-, Gras- oder Gehölzpflan­zungen infrage, um den angestrebten „monotonen“ grasgrünen Charakter erzielen zu können. Im LWG-Vergleichstest mit den Schattenrasenmischungen überzeugten letztendlich nur sechs von ursprünglich 26 geprüften Pflanzenarten.

Als praxistaugliche Alternative zum Schattenrasen eigneten sich nur Frühlings-Fingerkraut (Poten­tilla neumanniana), Polster-Fetthenne (Sedum hybridum ‘Immergrünchen’), Wald-Ehrenpreis (Ve­ronica officinalis), Immergrüne Golderdbeere (Waldsteinia ternata) und mit Abstrichen noch die Frühlings-Segge (Carex caryophyl­lea). Diese Arten erlaubten sogar eine mäßige Trittbelastung und – falls erforderlich – ein rasenorientiertes Pflegemanagement mit Sichelmäher und anschließen­der Schnitt­gut­ent­fer­nung.

Wer auf das Betreten verzichtet und auch mit Wuchshöhen über 15 cm leben kann, kommt auch mit Flächenpflanzungen aus Cam­brigde-Garten-Storchschna­bel (Ge­ranium x cantabrigiense), Goldnes­sel (Lamiastrum galeobdolon) oder Kleinem Immergrün (Vinca minor) ans Begrünungsziel. Mit Pflanzdichten von 10–12 Stück/m² ist normalerweise ein ausreichender Flächenschluss gegeben, dennoch bedürfen alle Pflanzungen einer in­ten­si­ven Pflege, um letztendlich als grüne flächige Al­ter­native durchzugehen. Der Weg zum Einheitsgrün ist aber deutlich länger als bei der Rasenansaat.

 

Literatur

Eppel, J. (2010): „Grenzwer­tiges Grün“.
Erschienen in: Veitshöchheimer Berichte, Heft 141, S. 73–80.
Bayerische Landesanstalt für Wein­bau und Gartenbau, Veitshöchheim (Hrsg.).

Jürgen Eppel,
LWG Veitshöchheim,
Abt. Landespflege

 

schließen

Jetzt Mitglied werden!

Für nur 35,00 EUR Jahresbeitrag für eine Einzelmitgliedschaft erhalten Sie u.a.:

Zum Mitgliedsantrag