Rote und Weiße Johannisbeeren als Spindel erziehen
Mehr Ertrag, süßere Früchte und einfachere Ernte
Johannisbeeren sind robuste, winterharte Beerenobststräucher, die uns von Juni bis August mit leckeren Nasch- und Verwertungsfrüchten versorgen. Diese zählen zu den gesündesten Früchten, die im Garten wachsen.
Foto: Neumüller
Weiße Johannisbeeren sind etwas milder im Geschmack als die rotfrüchtigen und daher nicht nur bei Kindern beliebt. Schwarze Johannisbeeren werden vornehmlich verarbeitet und ergeben aromatische Marmeladen, Gelees und gesunde Säfte.
Mühsame Ernte machte Johannisbeeren unbeliebt
Eine Zeitlang schienen Johannisbeeren aus der Mode gekommen zu sein. Viele Gärtner haben in schlechter Erinnerung, wie mühsam es ist, die Beeren bei sommerlicher Hitze von den dichten Sträuchern zu pflücken.
Seit einigen Jahren wendet sich das Blatt wieder: Immer mehr Sträucher werden in den Gärten gepflanzt. Dafür gibt es einen guten Grund: Die Ernte ist heute bequem und einfach. Zwei Entwicklungen haben dies ermöglicht: neue Sorten und vor allem die Erziehung als Spindel.
Strauch und Hochstämmchen können problematisch sein
Früher war die Erziehung als Strauch üblich: Sechs bis acht ältere Triebe bilden einen bis zu 1,5 m hohen und breiten Strauch. Wenn die ältesten Triebe jedoch nicht regelmäßig entfernt werden, wird die kleine Krone dicht, die Trauben werden kürzer, die einzelnen Beeren kleiner, sie schmecken immer saurer, und beim Pflücken kommt wegen der geringen Ernteleistung bei gebückter Haltung keine Freude auf.
Abhilfe versprachen die sogenannten Hochstämmchen: Dazu wird eine Johannisbeer-Wildart in der Baumschule gepflanzt, die eintriebig bis 1 m Höhe kultiviert wird. In 1 m Höhe wird der Trieb gekappt, und die eigentliche fruchttragende Johannisbeersorte wird auf der Wildart veredelt. Deren Krone entwickelt sich in 1 m Höhe.
In den ersten fünf bis sieben Jahren wachsen diese Hochstämmchen, die an einem Pflock angebunden werden müssen, recht gut und tragen auch reichlich Früchte. Die Beeren können im Stehen gepflückt werden. Wird die Krone aber nicht fachgerecht ausgelichtet, sinken auch hier Beerengröße und Traubenlänge.
Richtig problematisch wird es, wenn die Hochstämmchen etwas älter werden: Die fruchttragende Sorte verträgt sich im Laufe der Jahre immer schlechter mit ihrer Unterlage. Dadurch bleiben die Neutriebe immer kürzer, die Beeren werden immer kleiner. Die mechanische Stabilität an der Veredelungsstelle leidet, und irgendwann – meist nach Jahren des Siechtums – stirbt die Krone ab, wenn sie nicht vorher schon bei einem Sturm abbricht.
Spindelerziehung bringt viele Vorteile
All diese Nachteile werden vermieden, wenn Johannisbeeren als Spindel erzogen werden. Das ist nicht kompliziert: Für die Spindelerziehung lassen Sie bei der Pflanzung nur einen Trieb stehen, alle anderen schneiden Sie weg.
Gute Baumschulen bieten bereits speziell vorgezogene Sträucher an, die von vorneherein nur einen Trieb besitzen, der dafür aber bereits länger und schön gerade gewachsen ist. Den Trieb binden Sie an einem ca. 1,8 m langen Bambusstab oder Ähnlichem fest. Dieser Mitteltrieb wird weder im Pflanzjahr noch in den ersten Standjahren geschnitten.
Der Trieb, der sich aus der obersten Knospe bildet, wird nach und nach am Stab festgebunden und wächst so nach oben. Aus den seitlichen Knospen wachsen Seitentriebe. Sind diese länger als 30 cm, kürzen Sie sie im Lauf des Sommers oder im Frühjahr auf etwa 20 cm ein. So garniert sich die Mittelachse mit kurzem Fruchtholz, an dem lange Trauben mit großen Beeren wachsen.
Jungtriebe, die aus dem Boden kommen, reißen Sie in krautigem Zustand laufend weg. Haben Sie sie übersehen, können Sie sie auch später noch mit der Schere entfernen. Wächst die Mittelachse über die Stablänge hinaus, schneiden Sie sie einfach ab.
Nach ca. acht Jahren ziehen sie von unten einen jungen Trieb hoch und ersetzen den alten. Den alten Trieb schneiden Sie komplett weg, wenn der neue junge Trieb die Hälfte der Endhöhe erreicht hat. So können Sie die Spindel verjüngen. Stachelbeeren können übrigens genauso erzogen werden.
Weil die Sonne die Triebe der Johannisbeerspindel optimal belichten kann, wachsen an ihr deutlich größere Beeren und längere Trauben als an einem Strauch oder Hochstamm. Auch verrieseln die Trauben weniger. (Unter Verrieseln versteht man das Abfallen von Beeren vor der Reife, sodass die Trauben nicht mehr voll besetzt sind.) Die Früchte sind deutlich süßer, und das Pflücken wird wesentlich erleichtert. Eine ausgewachsene Johannisbeerspindel trägt 6–7 kg Früchte.
Schwarze Johannisbeeren besser als Strauch erziehen
Schwarze Johannisbeeren eignen sich übrigens nicht so gut für die Spindelerziehung, weil sie stets einen starken Neuaustrieb brauchen, um gute Früchte zu tragen. Sie erzieht man besser als Strauch. Rote und Weiße Johannisbeeren lassen sich aber perfekt als Spindeln erziehen.
Empfehlenswerte Sorten
Zu den bewährten Sorten mit roten Früchten zählen ‘Jonkheer van Tets’ (Reife Ende Juni), ‘Rovada’ (Mitte Juli) und ‘Red Poll’ (Anfang August). ‘Red Poll’ ist eine Kreuzung mit einer Wildjohannisbeerenart (Ribes multiflorum). Sie bringt die längsten Trauben aller Sorten hervor, die über 20 cm lang sein können. ‘Red Poll’ reift spät, wird dunkelrot und ist mit ihren lange am Strauch hängenden Beeren auch ein wunderschönes Ziergehölz. Unter den weißen Sorten hat sich ‘Blanka’ bewährt.
Lassen Sie die Johannisbeeren ruhig lange am Strauch hängen, gerade auch die weißen Sorten. Dann werden sie milder, süßer und können auch frisch sehr gut gegessen werden, einfach direkt „von der Spindel in den Mund“.
Johannisbeerspindeln, in Reihe gepflanzt, eignen sich auch hervorragend als Raumteiler im Garten – neben der Terrasse ebenso wie entlang der Grundstücksgrenze.
Dr. Michael Neumüller,
Bayerisches Obstzentrum
Bezugsquellen
Bayerisches Obstzentrum
Tel. 08 11/99 67 93-23
www.obstzentrum.de
Ganter OHG
Tel. 0 76 42/10 61
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Häberli Fruchtpflanzen AG
Tel. 0 93 47/92 95 00,
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Lubera AG
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