Kirschen madenfrei genießen

Neben der Kirschessigfliege (sie­he hierzu auch „Siedlung und Eigenheim“, 10/2014, S. 386, und 11/2014, S. 407 und 427), die als neu in unseren Breiten auftretender Schädling erst seit einiger Zeit große Probleme bereitet, macht uns Gärtnern oft auch die altbekannte Kirschfruchtfliege enorm zu schaffen. Im Gegensatz zur Kirschessigfliege befällt sie jedoch nur diese eine Obstart und kann durch die Pflanzung von Frühsorten recht einfach ausgetrickst wer­den. Ansonsten helfen hier ebenfalls Insektenschutznetze.


Fotos: Buchter-Weisbrodt Die Früchte früher Kirsch­sorten wie die der Stan­dardsorte ‘Burlat’ blei­ben von der Kirschfrucht­fliege verschont.

 

Gelbtafeln – ein zweischneidiges Schwert

Die Larven der Kirschfruchtfliege, die als dicke weiße, im Volksmund fälsch­lich als „Würmer“ bezeichnete Maden im Fruchtfleisch leben, verleiden uns den Kirschengenuss gründlich. Der häufige Rat, mehrere Gelbtafeln in die Baumkronen zu hängen, kann sich als zweischneidiges Schwert erweisen.

Theoretisch fliegen die Schadinsekten buchstäblich auf Gelb und bleiben am Leim der Tafeln kleben, bevor sie ihre Eier ablegen können. Verschiedene Versuchsreihen haben aber gezeigt, dass Gelbtafeln Kirschfruchtfliegen ver­stärkt in die Bäume locken und dass viele Fliegen die Früchte den Leimtafeln vorziehen.

 

Lebenszyklus der Kirschfruchtfliege

Die Kirschfruchtfliege (Rhagoletis cerasi) hat einen ähnlichen Lebenszyklus wie die Walnussfruchtfliege (Rhagoletis completa) und ist nur dem Namen nach zu verwechseln mit der alle Weichobst­arten befallenden Kirschessigflie­ge (Drosophila suzukii). So wie die Walnussfruchtfliege nur ihre na­mens­ge­ben­de Obstart schädigt, befällt die Kirschfruchtfliege einzig Süß-, selten auch Sauerkirschen. In warmen Regionen kann sie – je nach Wit­te­rungs­ver­lauf – die gesamte Ernte vernichten.

Die Kirschfruchtfliege überwintert als Puppe im Boden und schlüpft meist nicht vor Ende Mai. Ihre Eier legt sie im Juni bei Temperaturen über 16 °C – bis zu 200 pro Fliege und immer nur je ein Ei auf eine Frucht, die sich gerade von Grün nach Gelb umfärbt. Nach dem Schlüpfen fressen sich die Maden dann bis zum Stein durch die Frucht.

Es ist nicht nur die Made selbst, die uns den Genuss verleidet, denn sie zieht das gesamte Frucht­fleisch stark in Mitleidenschaft. Der Pflanzenschutz- und Obstexperte Walter Kotte beschrieb das Problem schon 1948 recht anschaulich: „Das Fruchtfleisch verwandelt sich in eine braune, jauchige Masse.“

 

Natürlicher Befallsschutz der Frühsorten

Die Kirschfruchtfliege, die nur Früchte im Hellgelb-Stadium anfliegt, ist erst unterwegs, wenn sich die Früchte der Frühsorten schon rötlich färben. So liegt bei den frühen Sorten ein natürlicher Befallsschutz vor!

Das breite Spektrum an neuen und alten Sorten wird nach der Reifezeit in zwölf Kirschwochen (KW) eingeteilt. Je nach Klima und Jahreswitterung reift eine Sorte der ersten KW zwischen Anfang Juni und Anfang Juli. Madenfrei bleiben Sorten, die in der 1. bis 3. KW reifen.

Die bekanntesten und schon lange im Handel verbreiteten Früh­sorten dieser ersten drei KW sind ‘Burlat’, ‘Kassins Frühe’, ‘Magda’, ‘Merton Glory’, ‘Valeska’ und ‘Wer­dersche Braune’. Derzeit legt die Züchtung besonderen Wert darauf, Frühsorten zu finden, die ähnlich gut schmecken, knackig und dabei so ertragreich sind wie die später reifenden Qualitätssorten ‘Kordia’, ‘Regina’ oder ‘Hedelfinger’. Alle müssen sich messen an der frühen Standardsorte ‘Burlat’. Als aussichtsreichste Kandidaten der zahlreichen Sortenversuche gelten derzeit ‘Bellise’, ‘Earlise’, ‘Sweet Early’ und ‘Merchant’.

Dr. Helga Buchter-Weisbrodt

 

Unser Verwertungs-Tipp

Kirschstiele und -blätter

Frische und getrocknete Kirsch­frucht­stie­le lösen als Teeaufguss bei anhaltendem Husten den Schleim. Sie wirken auch entwässernd und sind deshalb in Entwässerungstees enthalten. Zudem eignen sie sich gut für Wintertee-Mischungen mit Tannen- oder Fichtenspitzen, Spitz­wegerich, Thymian, Fenchelsamen und Süßholz oder Anis.

Jung gepflückte Kirschblätter ergeben in Mischungen mit Wald­erd­beer-, Himbeer- und Brombeerblättern einen wertvollen Haus­tee. Die Blätter eignen sich auch zum Einlegen von Gurken. Frische Blätter und selbst die Blüten schmecken gut in Salaten, ­Soßen und Suppen.

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