Fassadenbegrünung – Mut zu grünen Wänden!
Fotos: Eppel
Die Begrünung von Wänden, Mauern, Zäunen und Pergolen dient dem Schutz und der Verschönerung eines Bauwerkes ebenso wie der Verbesserung des Stadtklimas. In dicht bebauter und verkehrsreicher Umgebung ist es nahezu lebenswichtig, die Kühlung, Luftverbesserung und Schallabsorption grüner Fassaden und Wände zu nutzen.
Auch im Hausgarten entfaltet vertikales Grün seine Wirkung als Klimaanlage, Wärmedämmung, Wind- und Regenschutz. Eine gut funktionierende Fassadenbegrünung
- reduziert Oberflächentemperaturen um bis zu 30 °C,
- senkt die umgebende Lufttemperatur um bis zu 5 °C,
- erreicht mit einem 5 cm dicken Luftpolster zwischen Blattwerk und Wand eine Wärmedämmleistung, die einem Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert, früher k-Wert) von 2,9 Watt pro Quadratmeter mal Kelvin [W/(m·K)] entspricht und
- verbessert den Wärmedämmwert der Außenwand um 10 bis 30 %.
Trotz der nachgewiesenen positiven Effekte kann vertikales Grün die Dämmung von Hauswänden nicht ersetzen. Berücksichtigt man aber die schmückende Wirkung und das Naturerlebnis, die von Fassadenbegrünungen ausgehen, gibt es derzeit kein technisches System, das vergleichbare bauphysikalische und ökologische Funktionen auf engstem Raum in unmittelbarer Hausnähe erfüllen kann.
Wie kommt das Grün ans Haus?
Die traditionelle Variante ist die bodengebundene Fassadenbegrünung mit Kletterpflanzen, die im gewachsenen Boden wurzeln. Je nach Pflanzenart werden die Fassaden entweder direkt oder über Rankhilfen und Klettergerüste bewachsen. Wasser und Nährstoffe erhalten die Pflanzen in der Regel über natürliche Einträge. Die Kosten für die Anlage liegen zwischen 15 und 35 Euro/m².
Bei der wandgebundenen Fassadenbegrünung bildet der Begrünungsaufbau selbst die Fassade und kann dadurch sogar Materialien wie Glas oder Stahl ersetzen. Diese auch als „Living-Wall“ bezeichnete Begrünung verfügt in der Regel über keinen Bodenanschluss.
Der Pflegeaufwand ist deutlich höher, auch wegen der zur Versorgung mit Wasser und Nährstoffen erforderlichen automatischen Bewässerungsanlage. Die Kosten beginnen je nach Systemanbieter bei 400 Euro/m².
Aus diesen Gründen kommen wandgebundene Systeme vor allem bei Neubauprojekten zum Einsatz, da eine vorausschauende Planung eine kostengünstigere Integration ins Bauwerk ermöglicht. Für Eigenheimbesitzer ist die bodengebundene Fassadenbegrünung nach wie vor die bessere Wahl.
Voraussetzung für ein erfolgreiches Begrünungsergebnis ist neben der standortgerechten, objektbezogenen Pflanzenauswahl vor allem die Kenntnis der Klettertechnik, um ggf. die notwendige technische Unterstützung in Form pflanzenangepasster Rankhilfen und Klettergerüste bieten zu können. Darüber hinaus sollten Sie sich vorab noch über andere relevante artspezifische Eigenschaften, wie z.B. Größe, Gewicht, Triebdurchmesser und Wuchsorientierung, informieren.
Klettertechnik – Pflanzentypen
Entsprechend ihrer unterschiedlichen Klettertechnik werden bei Kletterpflanzen die vier Haupttypen Wurzelkletterer, Rankpflanzen, Schlingpflanzen und Spreizklimmer unterschieden.
Wurzelkletterer bilden längs der jungen Triebe Haftwurzeln aus, die stets auf der vom Licht abgewandten Seite wachsen (negativ phototrop) und so direkt auf der Unterlage haften. Sie dringen mit ihren Wurzeln nicht in intaktes Mauerwerk ein, sondern nutzen vorhandene Unebenheiten zum Klettern.
Der Vorgang des Anhaftens ist nur in der Wachstumsphase möglich; an verholzten Trieben werden in der Regel keine neuen Haftorgane mehr gebildet. Nach heutigem Wissen geben diese Haftwurzeln weder Substanzen zur Anlösung des Untergrundes ab noch nehmen sie von dort Nährstoffe oder Wasser auf.
Zu den Wurzelkletterern zählen nur wenige ausschließlich mehrjährige Gattungen und Arten. Typische Vertreter sind z.B. Efeu (Hedera), Kletterspindel (Euonymus fortunei var. fortunei), Kletterhortensie (Hydrangea anomala subsp. anomala) und Trompetenblume (Campsis).
Nicht dazu zählt, entgegen der weitverbreiteten Ansicht, selbstkletternder Wilder Wein (Parthenocissus). Seine Haftscheiben sind botanisch gesehen umgebildete Ranken, die sich erst bei Kontakt mit der Unterlage voll ausbilden und die Pflanze dort regelrecht „verkleben“.
An Mauern und Wänden brauchen Wurzelkletterer ebenso wie der Wilde Wein im Allgemeinen keine baulichen Kletterhilfen. Sie wachsen besonders gut auf rauem Untergrund, wie z.B. Beton oder Putz; allenfalls an glatten Oberflächen können zur Unterstützung der Haftwurzeln in Abständen horizontal verlaufende Spanndrähte sinnvoll sein.
Rankpflanzen klettern mit speziellen Ranken, die durch Umwandlung von Blättern oder Sprossachsen entstanden sind, einige wenige Arten auch nur mithilfe ihrer Blattstiele. Die zumeist fadenförmig dünnen Ranken sind mit reizempfindlichen Spitzen versehen und entwickeln erst auf einen Berührungsreiz hin die Stütze, während der eigentliche Pflanzentrieb weiter nach oben wächst.
Bei einigen Arten verholzen die Ranken im Lauf der Zeit, bei anderen ziehen sie sich korkenzieherartig zusammen und wirken so wie eine elastische Tragfeder. Waldrebe (Clematis), Wilder Wein und die Weinrebe (Vitis) gehören zu den bekanntesten Gattungen. Als einjährige Ranker erfreuen sich u.a. vor allem Wicke (Lathyrus), Kapuzinerkresse (Tropaeolum), Glockenrebe (Cobaea) oder auch der Kürbis (Cucurbita) einer wachsenden Beliebtheit.
Als Kletterhilfen für Rankpflanzen sind am besten Gitter, Netze und Spaliere geeignet. Deren Querschnitt sollte allerdings nicht zu massiv sein (etwa 2,5 bis max. 25 mm), da die Ranken sich dort sonst nicht mehr herumwickeln können. Geeignet sind auch dünne Drahtseile und Spanndrähte.
Schlinger/Winder umwinden mit ihren Sprossen oder Trieben spiralförmig die Stützvorrichtungen. Um sich besonders gut festhalten zu können, haben verschiedene Arten zudem weitere Halteorgane, wie z.B. Borsten oder Dornen, entwickelt.
Die Schlingpflanzen stellen die zahlenmäßig größte Gruppe der Kletterpflanzen und umfassen sowohl ein- als auch mehrjährige Arten. Zu den bekanntesten Vertretern gehören Blauregen (Wisteria), Schlingknöterich (Fallopia), Pfeifenwinde (Aristolochia), Baumwürger (Celastrus), Akebie (Akebia), Strahlengriffel (Actinidia) und Baumschlinge (Periploca). Als Einjährige sind vor allem die Schwarzäugige Susanne (Thunbergia), die Trichter- und Prunkwinden (Ipomoea) oder auch Bohnen (Phaseolus) und Hopfen (Humulus) weit verbreitet.
Als Kletterhilfe eignen sich Stäbe, Stützen und Spaliere mit deutlich vertikaler Ausrichtung. Der Durchmesser der Stütze kann dabei je nach Pflanzenart wenige Zentimeter bis mehrere Dezimeter betragen. Um ein Abrutschen der Pflanzen zu verhindern, sollten Stäbe oder glatte Stützen am besten in Abständen mit kleinen Querverstrebungen versehen sein.
Spreizklimmer besitzen keine besonderen Befestigungs- oder Halteorgane, sondern bewegen sich mithilfe langer und sperriger, oft mit Dornen oder Stacheln versehener Triebe nach oben. Findet der Spross keinen Halt, sinkt er durch sein Eigengewicht zu Boden, und es entsteht ein allmählich nach oben wachsendes Knäuel.
Spreizklimmer zählen nur bedingt zu den Kletterpflanzen. Sie sind bei uns durchweg mehrjährig und finden sich nur in wenigen Gattungen, wie z.B. als Kletterrose (Rosa), Winterjasmin (Jasminum), Brombeere (Rubus) oder Nachtschatten (Solanum).
Als Kletterhilfen eignen sich Gerüste und Spaliere mit möglichst vielen waagerecht angeordneten Sprossen. An diese müssen die Pflanzen regelmäßig von Hand aufgesteckt und teils sogar angebunden werden.
Vorsicht Kletterpflanzen! – Schäden am Bauwerk und Schadursachen
Im Regelfall wurzeln Kletterpflanzen nicht im Mauerwerk, sondern sie halten sich mit Haftwurzeln, Saugnäpfen oder hakenartigen Ausstülpungen der Oberhaut auf dem rauen Untergrund fest. Die Ernährung der Pflanzen erfolgt ausschließlich durch das Wurzelsystem im Boden, was bei intakter Bauwerksabdichtung sogar das Trockenbleiben der Fundamente fördert.
Dennoch wird vielfach behauptet, dass selbstkletternde Arten Mauerwerk, Fugen und Putze beschädigen. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass Probleme nur dann auftreten, wenn bereits vor der Begrünung schon Beschädigungen vorhanden waren oder nachträgliche Sanierungsmaßnahmen nicht ordnungsgemäß oder mit falschen Materialien vorgenommen wurden.
Als besonders kritisch haben sich Kunststoffanstriche auf Putzen erwiesen, bei denen sich hinter den nahezu wasserdichten Anstrichen Feuchtigkeitsblasen bilden können, die dann relativ leicht von Haftwurzeln selbstkletternder Arten durchstoßen werden. Bei entsprechender Feuchtigkeit können diese Haftwurzeln dann sogar zu Saugwurzeln umgebildet werden und beim weiteren Vordringen ins marode Mauerwerk durch Dickenwachstum das Bauwerk auch zerstören.
Besondere Vorsicht ist bei allen Wurzelkletterern (z.B. Efeu), aber auch beim Wilden Wein geboten. Von diesen geht bei lockerem Mauerwerk, porösen Bindemitteln (Mörtel) und Mauerfeuchtigkeit tatsächlich eine Gefahr aus, da auch hier die Haftwurzeln zu echten Wurzeln umgebildet werden können. Dies erklärt auch, warum alter Efeu an Stadtmauern oder an stark rissigen Bäumen weiterleben kann, wenn seine Hauptstämme durchgetrennt sind.
Auch die Eigenschaft, lichtfliehende Triebe auszubilden, darf bei Wurzelkletterern nicht unterschätzt werden. Insbesondere Lücken zwischen Fassade und Dachstuhl am Ortgang bieten den Pflanzen bevorzugte Ausbreitungsmöglichkeiten. Hier kann nur eine jährlich durchgeführte Kontrolle und Pflege Schlimmeres verhindern.
Ein anderer Aspekt von Bauschäden zeigt sich, wenn begrünte Fassaden renoviert werden. Selbstkletternde Arten, wie z.B. Efeu oder Wilder Wein, lassen sich nur sehr schwer von der Unterlage ablösen.
Meist geht der Putz mit ab oder wird so geschädigt, dass er neu aufgezogen werden muss. Selbst wenn die Kletterpflanzen ohne Schaden vom Untergrund gelöst werden können, verbleiben dort Spuren der Haftwurzeln oder Saugscheiben, die dann mühsam mit Drahtbürsten oder Sandstrahlgeräten entfernt werden müssen.
Alle Kletterpflanzen an Rankgerüsten sind für das Mauerwerk oder den Putz, abgesehen von der statisch zu dimensionierenden Befestigung der Kletterhilfen, weniger schadensträchtig. Da in der Regel ein Mindestabstand von 10 cm zur Fassadenoberfläche einzuhalten ist, kann lediglich durch Windeinfluss auf nicht feste Triebe eine mechanische Beschädigung der Fassade herbeigeführt werden.
Weitere Bauschäden können hier nur auftreten, wenn die Triebe der Schling- und Rankpflanzen unter Hindernisse (Dachrinnen, Dachziegel) wachsen und diese abdrücken. Ständige Kontrolle ist also auch hier geboten. Korrekturen durch Schnittmaßnahmen beheben die Gefahr sehr schnell, können aber bei wuchsstarken Arten, wie z.B. dem Schlingknöterich, auch zur lästigen Dauerbeschäftigung werden.
Insgesamt kann festgestellt werden, dass an intakten Mauern oder Fassaden durch standortangepasste Begrünungen keine Schäden auftreten. Vor jeder Verwendung von Kletterpflanzen sollten aber Untersuchungen in Bezug auf schadensfreie Mauern, Putze oder Anstriche vorgenommen werden. Vorgehängte Fassaden sind von Begrünungen ausgeschlossen, ähnlich verhält es sich mit Materialien wie Stahl, Glas oder Kunststoff und Fassaden mit sehr großem Anteil an Fensteröffnungen (Flächenanteil größer 50 %). Werden diese Regeln eingehalten, steht einem ersten erfolgreichen „Selbstversuch“ am eigenen Haus eigentlich nichts mehr im Wege.
Jürgen Eppel,
Leiter der Abt. Landespflege
der Bayerischen Landesanstalt
für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim
Weitere Informationen im Internet
Bayerische Gartenakademie
www.lwg.bayern.de/gartenakademie > Infoschriften > Gartengestaltung und Ziergarten > „Einjährige Kletterpflanzen am Haus und im Garten“ oder „Mehrjährige Kletterpflanzen am Haus und im Garten“
Fachvereinigung Bauwerksbegrünung
www.fbb.de
„die umweltberatung“ Wien
www.umweltberatung.at
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