Zum Nachweis der Erbberechtigung
Um bei einem Erbfall die Rechtsnachfolge des Erblassers antreten und über den Nachlass verfügen zu können, benötigt der Erbe einen Nachweis seiner Erbberechtigung. So kann zum Beispiel ein Grundstück nach § 35 Absatz 1 der Grundbuchordnung (GBO) nur dann auf den Namen des Erben umgeschrieben werden, wenn dem Grundbuchamt ein vom Nachlassgericht ausgestellter Erbschein oder ein notarielles Testament bzw. ein Erbvertrag nebst der Niederschrift über dessen Eröffnung vorgelegt wird.
Auch Banken verlangen vom Erben häufig einen Erbschein, bevor dieser über die Konten des Erblassers verfügen kann. Damit verstößt die Bank in der Regel jedoch gegen die ihr obliegende vertragliche Leistungstreuepflicht. Denn nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 05.04.2016 (Az.: XI ZR 440/15) ist der Erbe – abgesehen von Sonderregeln wie § 35 Absatz 1 (GBO) – nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern hat auch die Möglichkeit, diesen Nachweis in anderer Form zu erbringen.
Die Erbberechtigung kann daher auch durch Vorlage eines vom Nachlassgericht eröffneten eigenhändigen (handschriftlichen) Testaments nebst einer beglaubigten Abschrift des Eröffnungsprotokolls belegt werden, sofern das Testament die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweist. Nur bei konkreten und begründeten Zweifeln an der Richtigkeit der durch das eigenhändige Testament belegten Erbfolge ist die Bank berechtigt, ergänzende Erklärungen des Erben einzuholen oder sich weitere Unterlagen oder einen Erbschein vorlegen zu lassen.
Lediglich abstrakte Zweifel der Bank reichen hingegen nicht aus, einen Erbschein zu verlangen. Bestehen keine berechtigten Zweifel an der Eindeutigkeit des eigenhändigen Testaments und macht die Bank die Freigabe der Konten trotzdem von der Vorlage eines Erbscheins abhängig, können die Kosten für die Erteilung des Erbscheins von der Bank als Schadenersatz erstattet verlangt werden.
Rainer Schmitt
Jurist des Eigenheimerverbandes Bayern