Die größten Fehler beim Vererben

Das schlechteste Testament ist kein Testament

Die Deutschen vererben jährlich über vier Milliarden Euro. Doch viele Erbfälle enden in großer Enttäuschung und Streit. Nicht wenige Menschen verlassen sich auf den Lauf der Dinge oder verfassen unvernünftige, fehlerhafte oder gar unwirksame Testamente. „Aufgrund folgenschwerer Nachlässigkeiten landen viele Vermögen dort, wo sie vom Erblasser nicht gewünscht wurden, auch in beachtlichen Teilen beim Staat, da steuerliche Aspekte übergangen werden“, so Prof. Dr. Klaus Michael Groll, Fachanwalt für Erbrecht und Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht e.V. in München. Er hat daher aus der Beratungspraxis nachfolgend einige der schwerwiegendsten Fehler zusammengestellt.

 

Kein Testament machen

Das Thema Vermögensnachfolge behandeln die meisten Deutschen immer noch stiefmütterlich. Eine letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) haben im Bundesdurchschnitt nur 28, 5 % getroffen. Dies ergab eine vom Deutschen Forum für Erbrecht in Auftrag gegebene bundesweite Infratest-Umfrage vom August 2007.
Ohne Testament gilt jedoch die gesetzliche Erbfolge, häufig mit un­an­ge­neh­men Überraschungen. So beerben sich kinderlose Ehepartner vielfach nicht gegenseitig alleine, sondern der Überlebende erbt zum Beispiel zusammen mit seinem Schwiegervater oder Schwager. Gesetzliche Erbfolge bedeutet häufig auch Bildung einer Erbengemeinschaft, ein Konfliktherd ersten Ranges. Ein kluges Testament hilft Frieden zu stiften, so zum Beispiel durch Teilungsanordnung, Vermächtnis, Vorausvermächtnis oder sogenanntem Nießbrauchsvermächtnis.

 

Zu spät testieren

Der Tod kann jederzeit eintreten. Viele haben nur die statistische Le­bens­er­war­tung im Kopf und meinen, noch ausreichend Zeit zu haben. Und dann ist es plötzlich zu spät! Es muss nicht der Tod sein, auch ein Ereignis, das zur Testierunfähigkeit führt (Unfall, Schlaganfall), macht alle Ge­stal­tungs­mög­lich­kei­ten zunichte.

 

Wahl der falschen Form

Privatschriftliches und notarielles Testament sowie notarieller Erbvertrag - das sind die Formen letztwilliger Verfügungen. Aber Vorsicht beim Erbvertrag! Verspricht zum Beispiel ein Vater in einem solchen Vertrag seinem Sohn, dass dieser einmal sein Erbe werde, dann kommt der Vater ohne Zustimmung des Sohnes aus diesem Versprechen nicht mehr heraus. Wenn das Verhältnis später einmal zerrüttet sein sollte oder der Sohn auf Abwege gerät, kann dies ein großes Problem darstellen. Erbvertrag also nur im Ausnahmefall.

 

Vernachlässigung des Pflichtteilsproblems

Manche vergessen, dass in vielen Erbfällen Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden können. Der Pflichtteil ist immer ein Geldanspruch, kann den Erben, der den Pflichtteil zahlen muss, also in größte Liquiditätsprobleme stürzen.
Man sollte daher auf jeden Fall versuchen, diese Problematik zu entschärfen, zum Beispiel durch lebzeitigen notariellen Pflichtteilsverzichtsvertrag, durch Testamentsklauseln oder durch Anrechnungsklauseln bei Schenkungen an den späteren Pflichtteilsberechtigten oder durch rechtzeitige Schenkungen an andere Personen.

 

Das falsche Ehegattentestament

Ehegatten können zusammen in einem sogenannten gemeinschaftlichen Testament über ihr Vermögen letztwillig verfügen. Ein ganz wichtiger Punkt wird jedoch oft übersehen: Darf der Überlebende die gemeinsam getroffene Schlußerbenregelung, also die Verfügung für seinen Tod, wieder ändern? Das bedarf gründlichster Überlegung und Entscheidung im Testament. Eine schwierige Entscheidung, weil es um die Zukunft geht, die man nicht kennt. Die Eheleute müssen wissen, ob sie sich gegenseitig Verfügungsfreiheit einräumen oder die Regelung lieber festklopfen, den Überlebenden also binden wollen.

 

Der falsche Ehevertrag

Eheverträge haben in der Regel nicht nur eherechtliche (schei­dungs­recht­li­che) Bedeutung, sondern berühren auch das Erbrecht. So bedeutet zum Beispiel der Weg aus der Zugewinngemeinschaft in die Gütertrennung in vielen Fällen eine Verschlechterung der gesetzlichen Erbquote des Überlebenden, folglich auch eine Minderung der Pflichtteilsansprüche. Auch hat die Gütertrennung erbschaftsteuerliche Nachteile. Ideal könnte die Vereinbarung der sogenannten modifizierten Zugewinngemeinschaft sein. Sie bedeutet Gütertrennung für den Fall der Scheidung, aber Zu­ge­winn­ge­mein­schaft für den Fall des Todes des Erstversterbenden.

 

Keine Ersatzerben bestimmen

Wer erbt, wenn der testamentarisch eingesetzte Erbe im Erbfall gar nicht mehr lebt? Das kann im Einzelfall sehr fraglich sein. Streit ist vor­pro­gram­miert. Auch kommt es vor, dass Ersatzerbe wird, wer nach dem Willen des Verstorbenen partout nichts hatte bekommen sollen. Die Regelung der Ersatzerbschaft gehört also unbedingt in ein Testament.

 

Vernachlässigung der steuerlichen Konsequenzen

Manches Testament liest sich ganz überzeugend, und doch kann es steuerlich betrachtet höchst unvernünftig sein, und zwar nicht nur erbschaftsteuerlich, sondern auch einkommensteuerlich. Viel häufiger, als es Laien denken, hat nämlich ein Erbfall missliche Konsequenzen für die Einkommen- oder Körperschaftsteuer. Die steuerliche Durchleuchtung der Vermögensnachfolge, sei sie lebzeitig oder von Todes wegen, ist also dringend gefordert.

 

Das Testament im Nachtkästchen

Wie viele Testamente jährlich verschwinden, weil sie dem Finder nicht gefallen, weiß niemand. Aber es ist sicher keine kleine Zahl. Ein Testament gehört daher gut aufbewahrt. Ein privatschriftliches Testament kann gegen eine geringe Gebühr beim Nachlassgericht hinterlegt werden. Von einem notariellen Testament oder einem Erbvertrag verbleibt automatisch eine Abschrift beim Notar.

Deutsches Forum für Erbrecht e. V.

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